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Zuckerersatz: Gesund süßen mit Alternativen?
Der jährliche Zuckerkonsum in Deutschland ist mit 31 kg/Kopf recht hoch angesiedelt. Aufgrund der Schmackhaftigkeit von süßen Lebensmitteln, die häufig auch energie- und fettreich sowie mikronährstoffarm sind, kann ein hoher Zuckerkonsum teilweise auch mit Übergewicht, Adipositas und damit assoziierten ernährungsbedingten Erkrankungen einhergehen (Dt. Bundestag, 2016). Die Suche nach Alternativen zum verpönten Haushaltszucker führt in einen unübersichtlichen Dschungel an Produkten: Sirup, Dicksaft, exotische Zuckersorten, Zuckeraustauschstoffe, Süßstoffe – und die Meinungen darüber sind mindestens genauso vielfältig wie die Auswahl. Wie sind diese süßen Alternativen einzuschätzen? Ist Zuckerersatz gesund oder sollten wir generell auf die genussvolle Süße verzichten?
Wir liefern dir den ultimativen Überblick über Sirupe, Süßstoffe & Co.
Wusstest du schon …
…dass der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Zucker in Kuba fast doppelt so hoch (72,5 kg) und in Indien fast halb so niedrig (21,6 kg) ist wie in Europa (37,6 kg) (Allianz: Statista, 2016)?
Obst vs. Smoothie vs. Saft
Die am wenigsten verarbeitete und zugleich am meisten empfohlene Form, in der du Zucker zu dir nehmen kannst, ist selbstverständlich Obst. Der hohe Wassergehalt, die darin eingebetteten Ballaststoffe, die Vielzahl an Nährstoffen sowie die farbenfrohen sekundären Pflanzenstoffe machen Obst zu einem gesunden Lebensmittel. Aufgrund des hohen Wassergehaltes ist der Anteil der enthaltenen Mono- und Disaccharide vergleichweise gering. Empfohlen werden laut DGE (2016) ein bis zwei Portionen (eine Handvoll beziehungsweise circa 200-250 g) täglich. Die WHO empfiehlt insgesamtmindestens 400 g Obst und Gemüse zu konsumieren und die USDA spricht sich für 2 cups (Tassen á 8 oz = 237 ml) Obst pro Tag aus (FAO, 2017; USDA, 2015). Aber sollen wir die frischen Früchte in ganzer Form essen oder tut es flüssiges Obst, sprich Smoothie oder Saft, auch?
Ein Smoothie kann vor allem dann eine gesunde Alternative sein, wenn du ihn dir selbst zubereitest. Dabei solltest du das Gemüse in Form von Blattgrün nicht vergessen. In Kombination mit Beeren, Nüssen und einem Pflanzendrink wird dein pürierter Shake zur Nährstoffbombe. Aber aufgepasst bei Smoothies aus dem Supermarktregal: Meistens bestehen diese überwiegend aus gezuckerten Säften und enthalten kaum oder gar keinen Gemüseanteil und tragen daher kaum zur Deckung des Mikronährstoffbedarfs bei.
Bei Säften sieht die Sache ähnlich aus. Frisch gepresst und mit Gemüse im Gepäck kann dir das Getränk hochkonzentrierte Nährstoffe liefern. Verglichen mit dem Smoothie schneiden Säfte aber ernährungsphysiologisch weniger wertvoll ab, schließlich fehlen sowohl die verdauungsfördernden Ballaststoffe als auch daran anhaftende sekundäre Pflanzenstoffe. Reine Fruchtsäfte lassen den Blutzuckerspiegel stark ansteigen, so dass sie keinen nachhaltigen Sättigungseffekt haben (Milosevic, 2016, Arranz et al., 2009).
Gesund süßen mit Trockenfrüchten
Nun zur Frage, welcher Zuckerersatz gesund ist. Wie steht es um das empfohlene Obst in konzentrierter Form, sprich Trockenfrüchte?
Dabei handelt es sich im Prinzip immer noch um die vollwertige Frucht, deren Hauptbestandteil – das Wasser – entzogen wurde. Eine Handvoll Vitamine gehen außerdem durch den Trocknungsprozess verloren. Trockenfrüchte sind dennoch im Vergleich zu reinem Zucker eine sehr naturbelassene Alternative zum Süßen.
Aber Achtung: Nicht jedes Produkt aus dem Supermarkt ist auch als „gesund“ einzustufen. Kandiertes und schokoliertes Trockenobst bringt natürlich anteilsmäßig weniger Mikronährstoffe und zusätzliche Kalorien in Form von Zucker und Fett mit sich.
Zuckeralternativen: Sirupe & Co
Sirupe und Dicksäfte sind flüssigen Zuckersäfte. In ihnen steckt noch ein nennenswerter Wasseranteil, weshalb gleichzeitig der Kilokaloriengehalt pro bei gleicher Menge geringer ist als beim isolierten Zucker. Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen, denn im Vergleich zum Kristallzucker musst du von der flüssigen Süße mehr verwenden, um dieselbe Süßkraft zu erreichen. Trotzdem sind die eingedickten Säfte immer noch eine Spur naturbelassener als Haushaltszucker und liefern dadurch noch ein paar Nährstoffe.
Die Sirupe unterscheiden sich in ihren Anteilen an Fruktose und Glukose (Tabelle 1). Ein sehr hoher Anteil an Fruktose ist besonders für Personen mit Fruktosemalabsorption ungünstig. Übermäßiger Konsum an isolierter Fruktose wird in manchen Untersuchungen mit verschiedenen Erkrankungsbildern, wie NAFLD (Nicht-alkoholische Fettleber) oder koronaren Herzerkrankungen assoziiert. Die Studienlage liefert dazu aber bislang keine eindeutigen Aussagen, negative Folgen scheinen beim Menschen erst bei sehr hoher Zufuhr, bestimmter genetischer Prägung und insbesondere bei insgesamt vorliegender Überernährung aufzutreten (Taskinen et al., 2019; Bantle, 2009; Rizkalla, 2010; Hou et al., 2019; Horst und Serlie, 2017).
Ahornsirup, Agavendicksaft oder Reissirup?
Aber wie sieht nun der direkte Vergleich aus: der kanadische Ahornsirup, der mexikanische Agavendicksaft oder doch lieber der japanische Reissirup? Wie du siehst, ist keines dieser süßen Dicksäfte ein heimisches Produkt. Aus rein ernährungswissenschaftlicher Sicht ist der Ahornsirup mit seinem ausgewogenen Glukose-Fruktose-Verhältnis sowie einer Reihe an wertgebenden Vitalstoffen eine geeignete Süße. Der Agavendicksaft enthält mindestens 70 % Fruktose. Selbstverständlich macht aber auch hier die Menge „das Gift“. Der Reissirup ist dagegen praktisch fruktosefrei und damit ein Glukosesirup; die Moleküle liegen aber teilweise noch in längeren Glukoseketten, den sogenannten Mehrfachzuckern, vor.
Somit lautet unser Fazit zu den Sirupen und Dicksäften: Ahornsirup statt Agavendicksaft und Reissirup vor allem dann, wenn du mit der Verdauung von Fruktose Probleme hast.
Heimische Dicksäfte sind eine ökologisch nachhaltigere Alternative. Sowohl beim Apfel- als auch beim Birnendicksaft dominiert der Fruktoseanteil (Petersen, 2013).
„Zuckerwunder“ Melasse
Eine andere zähflüssige Süße ist die sogenannte Melasse, das wertvolle „Abfallprodukt“ – oder vielmehr das anfallende Nebenerzeugnis – bei der Zuckerherstellung. Die dunkle Melasse ist reich an Mineralstoffen, vor allem Kalzium und Eisen; der herbe, an Lakritz erinnernde Geschmack ist allerdings nicht jedermanns Sache (Jeroch et al., 2008; BLS).
Kokosblütenzucker: Exotisch und gesund?
Der nächste Kandidat zieht mit der exotischen Herkunft und vollmundigen Versprechungen die Aufmerksamkeit auf sich. Die Verkaufszahlen des Kokosblütenzuckers sind in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Dabei hat er im Prinzip ein vergleichbares Zuckerspektrum und einen ähnlichen Energiegehalt wie unser Haushaltszucker. Trotz ihres Plus an Nährwerten darf die exotische Süße also nicht überschätzt werden.
Der Kokosblütensirup stammt übrigens aus derselben Quelle, ist dagegen nur um einen Verarbeitungsschritt weniger behandelt und ähnlich wie die der Ahornsirup einzustufen (BZfE, 2019; Gardner, 2017).
Tabelle 1: Energiegehalt (kcal) und Spektrum an Kohlenhydraten von Ahornsirup, Agavendicksaft, Reissirup, Melasse und Kokosblütenzucker pro 100 g Lebensmittel im Vergleich (BLS; USDA, 2008; Trinidad et al., 2010; Frusano, 2018; Werz)
Energie (kcal) | Kohlenhydrate (g) | Anteil Glukose (%) | Anteil Fruktose (%) | |
---|---|---|---|---|
Ahornsirup | 247 | 67 | 60 | 40 |
Agavendicksaft | 309 | 75 | 24-26 | 70-75 |
Reissirup | 311 | 77 | 99-100 | < 1 |
Melasse | 278 | 65 | 40-60 | 40-60 |
Kokosblütenzucker | 369 | 91,9 | 40-60 | 40-60 |
Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe
Mit dem Überbegriff Süßungsmittel betiteln sich Zuckeraustausch- und Süßstoffe. Diese Lebensmittelzusatzstoffe bringen gewisse Vorzüge mit sich: Mit dem geringen oder überhaupt nicht vorhandenen Kaloriengehalt kann dem Übergewicht der Kampf angesagt werden (Tombek, 2010). Außerdem benötigen sie kein Insulin für ihre Verstoffwechselung, was vor allem für Diabetiker interessant sein kann. Außerdem bleiben die Zähne von den Süßungsmitteln nicht nur unangetastet: Zuckeraustauschstoffe wie Xylit oder Erythrit können unsere Zahngesundheit sogar unterstützen. In größeren Mengen verzehrt sorgen Xylit & Co aber wiederum für Verdauungsprobleme.
Die Süßstoffe unterliegen allesamt einem enormen Verarbeitungsprozess oder werden synthetisch hergestellt. Die strengen Sicherheitskontrollen und die gesetzlich definierten Höchstwerte (ADI-Werte) sollen ihre Unbedenklichkeit sicherstellen (BfR, 2014). Übrigens: Das Gerücht, dass Aspartam oder andere zugelassene Süßungsmittel in relevanten Aufnahmemengen kanzerogen (krebserzeugend) oder anderweitig gesundheitsschädlich sind, hält sich zwar hartnäckig, beruht aber auf einem Mangel im Studiendesign einer Studie und wird nach der aktuellen Studienlage nicht bestätigt (Tombek, 2010; Toews et al., 2019; Mallikarjun et al., 2015; Bosetti et al., 2009; Lim et al.,2006).
Bei Stevia trügt uns oftmals der Schein, denn das Pulver oder flüssige Produkt aus dem Drogerieregal ist ein hochgradig verarbeiteter Süßstoff, der nicht mehr viel mit der ursprünglichen Steviapflanze zu tun hat. Eine naturbelassenere Variante sind die Steviablätter, die sich beispielsweise zum Süßen von Tee hervorragend eignen.
Zusammenfassung: Zucker in unserer Ernährung
Zucker ist eher als Genuss- und weniger als Nahrungsmittel in unserer Ernährung einzustufen. Das vollwertige Obst ist die einzige Süßquelle, die gleichzeitig gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe aufweist. Du kannst deine Früchte aber auch in Form eines selbst zubereiteten Smoothies mit ebenbürtigem Grünanteil genießen. Zweitrangig empfehlen wir den Griff zum Trockenobst, sofern du dein Bedürfnis nach Süßem stillen möchtest – in Maßen, versteht sich.
Wenn es um die Extrasüße in deiner Mahlzeit oder ums Backen geht, empfehlen wir Ahornsirup oder Melasse, weil beide noch eine geringe Menge an Nährstoffen liefern. Zuckerersatzstoffe und Süßstoffe können eine gute kalorienarme Alternative zum Zucker sein, wenn es lediglich um den Geschmack und nicht die weiteren technologischen Eigenschaften geht.
Übrigens: Deine Süßschwelle lässt sich auch trainieren, so dass du dein Geschmacksempfinden für Süßes auch herabsetzen kannst. Denn in Maßen genossen kann Zucker und Zuckerersatz gesunde Ernährung ergänzen und du darfst aus der immensen Bandbreite wählen.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Pflanzliche Proteinquellen

Wenn Reissirup so gut wie kein Fruktose enthält, warum wird er dann nicht auch empfohlen, wenn man Fruktose nicht verträgt oder meiden möchte? Wäre das nicht das bessere Süßungsmittel statt Ahornsirup?
Liebe Susanne,
wie du richtig sagst, eignet sich Reissirup auch für Personen mit einer Fructoseintoleranz, da er beinahe fructosefrei ist. Der Anteil an Fruktose im Ahornsirup liegt deutlich höher. Jedoch gilt auch hier, dass der Reissirup nur in geringen Mengen verzehrt werden sollte, da es sich um eine konzentrierte Zuckerquelle handelt.
Herzliche Grüße,
Isabel!