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Was ist Erythrit? Wer wird bei dem Gedanken an eine Art Zucker, der praktisch kalorienfrei ist und die Bauchspeicheldrüse so gar nicht belastet, nicht hellhörig? Und ganz nebenbei soll diese Süße noch eine Handvoll weiterer Vorteile mit sich bringen: Die Rede ist von dem Zuckeraustauschstoff Erythrit. Welche belegbaren Fakten stecken hinter der süßen Versuchung? Ist Erythrit die Antwort auf den vielfach verpönten weißen Kristallzucker? Oder eine Substanz mit verschleierten Risiken für unsere Gesundheit? Aber wollen wir uns zuerst der grundlegenden Frage widmen: Was ist Erythrit denn überhaupt?
Wusstest du schon …
…dass die Toleranzmenge hinsichtlich Verdauungsbeschwerden bei Erythrit (60-80 g) fast doppelt so hoch ist wie bei Xylit (30-50 g) (Poschwatta-Rupp, 2013)?
Was ist Erythrit?
Bei dem chemischen Zungenbrecher Erythrit handelt es sich um einen Zuckeraustauschstoff, in der Chemie vielmehr als Zuckeralkohol oder Polyol bezeichnet. Genauer gesagt sind das hydrierte Einfach- beziehungsweise Zweifachzucker, die sich in diversen Charakteristika von den eigentlichen Zuckern unterscheiden. Demnach enthält Erythrit deutlich weniger Kilokalorien als Rohrzucker, ist mit 20 kcal/100 g sogar fast kalorienfrei; seine Süßkraft liegt dagegen bei etwa 60-80 % von der des Haushaltszuckers (Poschwatta-Rupp, 2013; Regnat et al.,2018).
Erythrit ist der Zuckeralkohol der Glukose und wird somit aus dem Traubenzucker beziehungsweise der Stärke oder aus Saccharose gewonnen. Als Zuckeraustauschstoff ist die Süße in Deutschland unter der E-Nummer 968 registriert.
Natürlicherweise finden wir den Zuckeralkohol in diversen Obst– und Gemüsesorten, die im Handel erhältliche Form basiert allerdings auf einem synthetischen Herstellungsprozess.
Erythrit: Vorkommen und industrielle Herstellung
Trauben sowie Pilze sind beispielhafte Lebensmittel, die den Zuckeralkohol auf natürliche Weise enthalten. Aber auch fermentierte Produkte, wie die Sojasoße, sind Erythrit-Quellen (Regnat et al., 2018). Wie sich aus dem Prozess der Fermentation schon ableiten lässt, kommt es unter Anwesenheit von Mikroorganismen zu dem Umwandlungsprozess von der Glukose hin zu Erythrit. Und genau diesen Vorgang hat sich die Industrie zunutze gemacht, womit sie den Zuckeraustauschstoff isoliert und in großen Mengen herstellt.
Der Traubenzucker wird unter Anwesenheit bestimmter Hefekulturen beziehungsweise Pilzen (Aureobasidium sp., Torula sp., Moniliella pollinis) zu dem erwünschten zuckerähnlichen Produkt vergärt. Anschließend wird der Stoff gereinigt, kristallisiert, getrocknet und man gewinnt ein dem weißen Zucker ähnelndes Produkt. Übrigens ist dieser Prozess mit der Herstellung von alkoholischen Getränken, wie Bier oder Wein, vergleichbar (Savergave, 2011).
Erythrit: Vor- bzw. Nachteile auf einen Blick
Der auf den ersten Blick größte Nutzen von dem Zuckeraustauschstoff ist sein erstaunlich niedriger, beinahe vernachlässigbarer Kaloriengehalt. Gleichzeitig macht er sich durch seine insulinunabhängige Verstoffwechselung vor allem unter Diabetikern beliebt, da der Blutzuckerspiegel durch den Konsum von Erythrit unbeeinflusst bleibt. Hinzu kommt seine „zahnfreundliche“ Eigenschaft, denn die Substanz wirkt im Gegensatz zum herkömmlichen Zucker nicht kariogen (Cargill, 2014). Außerdem werden ihm sogar antioxidative Eigenschaften zugeschrieben (Regnatet al., 2018).
Die Liste an potenziellen Benefits ist lange, aber wie sieht die dunkle Seite der Medaille aus? Wie jeder Zuckeralkohol kann auch Erythrit in größeren Mengen zu Verdauungsproblemen führen; vor allem Personen mit Fruktosemalabsorption beziehungsweise dem Reizdarmsyndrom sollten die Süße besser meiden. Im Vergleich zum Zucker ist Erythrit durch den aufwendigeren Verarbeitungsprozess auch teurer sowie letzten Endes ein synthetisches, nährstofffreies Produkt.
Ist Erythrit gesund?
Erythrit werden sogar gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Dass Erythrit gesund ist, kann man jedoch nicht ohne Vorbehalt behaupten (das kann man von keinem Lebensmittel). Schließlich hat der synthetische Lebensmittelzusatzstoff keinerlei Nährstoffe oder sonstige gesundheitsfördernde Begleitstoffe. Die Vorteile, welche Erythrit im Vergleich zum weißen Zucker liefert, machen ihn deshalb nur zu einer möglichen Alternative.
Prinzipiell werden die Zuckeralkohole, darunter auch Erythrit, als gesundheitlich unbedenklich eingestuft (Basner und Martin, 2017).
Erythrit: Kritik
Erythrit kann sich auf die Zusammensetzung der Mikrobiota auswirken. Ob dies langfristige gesundheitliche Auswirkungen hat und wenn ja, welche, ist noch nicht vollständig geklärt. Entgegen mancher Kritik scheinen sie aber positiver Natur zu sein (Plaza-Diaz et al., 2020).
Außerdem wird prinzipiell bei Zuckeralkoholen ihre belastende Wirkung auf unseren Verdauungstrakt kritisiert. Vor allem Personen mit einer ohnehin sensiblen Verdauung, welche mit Intoleranzen und Verträglichkeitsproblemen zu tun haben, sollten diese Zuckeralternativen nicht konsumieren. Allerdings hat Erythrit im Vergleich zu den anderen Zuckeralkoholen die höchste Toleranzgrenze, das heißt, er wird in größeren Mengen besser vertragen als die anderen Polyole. Als Toleranzwert wird übrigens die Menge an Zuckeralkohol definiert, die ein Erwachsener aufnehmen kann, ohne abdominelle Beschwerden zu entwickeln (Poschwatta-Rupp, 2013). Um eine bessere Vorstellung von den unterschiedlichen Toleranzmengen der Zuckeralkohole zu bekommen, haben wir dir die entsprechenden Werte in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Zuckeralkohole inkl. E-Nummer und ihrem jeweiligen Toleranzwert (g) (Poschwatta-Rupp, 2013)
E-Nummer | Toleranzwert (g) | |
Zuckeralkohol | ||
Mannit | 421 | 10 |
Sorbit | 420 | 20-50 |
Isomalt | 953 | 30 |
Maltit | 965 | 30-50 |
Xylit | 967 | 30-50 |
Lactit | 966 | 40 |
Erythrit | 968 | 60-80 |
Verwendung von Erythrit
Die Lebensmittelindustrie nutzt die kalorienfreie Süße vor allem in Light- beziehungsweise zuckerarmen Getränken sowie Lebensmitteln. Darunter fallen beispielsweise Süßigkeiten und Backwaren oder kalorienreduzierte Limonaden (Regnat et al., 2018).
Da du den zuckerähnlichen Stoff aber auch als kristallines Pulver kaufen kannst, lässt er sich ebenso im privaten Haushalt zum Süßen und Backen einsetzen. Im Prinzip kannst du Erythrit ähnlich wie den Rohrzucker verwenden. Die Menge sollte wegen der potenziell abführenden beziehungsweise verdauungsbelastenden Wirkung im Auge behalten werden. Gerade, weil man durch seine geringere Süßkraft dazu neigt, mengenmäßig mehr davon zu verwenden.
Fazit: Was ist Erythrit? Ein Zuckeraustauschstoff, der eine Reihe Vorteile mit sich bringt, aber möglicherweise auch unerwünschte Effekte auf unseren Stoffwechsel hat. Obwohl die Substanz als gesundheitlich unbedenklich gilt und für Diabetiker das süße Mittel der Wahl sein kann, raten wir vielmehr zur natürlichen Süße, wie wir sie in Obst finden. Bei Bedarf sowie in Maßen konsumiert empfehlen wir eher auf naturbelassene Zuckeralternativen, bevorzugt nährstoffhaltige Sirupe & Co, zurückzugreifen. Ob Erythrit oder Xylit die bessere Wahl unter den Austauschstoffen ist, beantworten wir dir im kommenden Artikel.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Soldan, Hermann meint
Wir konnten nicht herausfinden, ob Marmelade /Gelee mit Erythrit genauso haltbar ist, wie wenn wir das Obst mit Zucker einkochen.
Isabel Bernhauser meint
Lieber Hermann,
zur Herstellung von Marmeladen würde ich dir Erythrit weniger empfehlen, dazu eignet sich herkömmlicher Gelierzucker bzw. auch Xylit (Birkenzucker). Bei Birkenzucker ist allerdings (wie auch bei den anderen Zuckeralkoholen) auf die konsumierte Menge zu achten, da er zu Verdauungsproblemen führen kann.
Viele Grüße,
Isabel!
Franziska Rosemann meint
Hallo,
Ich lese mir gerade die ganze Reihe zu den Zuckeralternativen durch und habe im Artikel über Zuckerzusatzstoffe und Süßstoffe eine Tabelle gefunden, wo alle 8 Zuckeralkohole und 11 Süßstoffe gelistet sind. Fehlt der Zuckerzusatzstoff „Polyglycitolsirup“ hier versehentlich oder absichtlich?
Liebe Grüße,
Franziska
Isabel Bernhauser meint
Liebe Franziska,
danke für dein Feedback. 🙂
Der Zuckerzusatzstoff „Polyglycitolsirup“ wird in unserer Tabelle mit der E-Nummer E964 auch aufgelistet.
Herzliche Grüße,
Isabel!
Hans Binger meint
Liebe Isabel,
herzlichen Dank für die kompetente Ausarbeitung.
Viele Menschen haben Angst vor dem synthetischen Süssstoff Aspertam.
Es existieren neben Aspertam ja auch weitere „Neuentwicklungen“
Die Kennzeichnungspflicht auf Lebensmitteln solcher giftigen SüssStoffe sind ja nicht zu erkennen?
Viele Menschen würden sich ûber diese Aufklärung sehr freuen, da uns dies ein Arzt oder Klinik verheimlicht.
Herzliche Grüsse, Hans Binger
Isabel Bernhauser meint
Hallo lieber Hans,
herzlichen Dank für dein wertvolles und erfreuliches Feedback.
Über Zuckeraustauschstoffe und Süßstoffe, wie z. B. Aspartam, haben wir in diesem Artikel geschrieben. Alle Produkte, denen Süßstoffe zugesetzt wurden, unterliegen der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht (BZfE, 2018).
Der Einsatz von Süßstoffen ist nur in bestimmten Mengen und für bestimmte Lebensmittel erlaubt, was im europäischen Zusatzstoffrecht festgehalten wird. Mehr dazu kannst du auch diesem Bericht des Bundeszentrums für Ernährung (Rempe et al., 2018) entnehmen.
Herzliche Grüße,
Isabel!
Anita meint
Hallo. Ich habe diesen und andere Artikel über Erythrit sehr aufmerksam gelesen, da ich seit längerem selbst auf den üblichen Haushaltszucker verzichte. Aber was ist dran, an der Aussage, dass er „chemisch hergestellt/verändert“ wird. Ist der dann auch noch „gesund“? Mit freundlichen Grüßen Frau Makeroth
Isabel Bernhauser meint
Hallo liebe Anita,
der Zuckeraustauschstoff Erythrit hat den ein oder anderen Vorteil gegenüber Haushaltszucker. Allerdings liegt unsere Empfehlung deutlich mehr auf naturbelassenen Zucker- bzw. Süßungsquellen. Erythrit gilt zwar als gesundheitlich unbedenklich, doch aufgrund seines synthetischen Charakters wollen wir keine konkrete Empfehlung für den regelmäßigen Verzehr hierfür aussprechen. Als „gesund“ oder „gesundheitsfördernd“ können wir ihn weniger bezeichnen. Natürlichere Zuckerquellen, wie frisches Obst, Trockenfrüchte und Ahornsirup (in moderaten Mengen) sollten unserer Empfehlung nach vielmehr bevorzugt werden.
Herzliche Grüße
Isabel