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Nicole, du hast bei uns erfolgreich die Ausbildung zur Veganen Ernährungsberaterin abgeschlossen. Wie kam es dazu?
Kurz zu meiner Person: Ich bin 50 Jahre alt, verheiratet und habe keine Kinder. Unser Wegbegleiter – seit 6 Jahren – ist unser Dackel Rufus. Mein erlernter Beruf ist Grafikerin; ich habe viele Jahre als Art Director in Werbeagenturen gearbeitet. Kreativität und den unterschiedlichsten Menschen zu begegnen, habe ich an meinem Beruf sehr gemocht. Trotzdem hat es mich irgendwann nicht mehr ganz befriedigt. Auch wenn ich nicht wusste, wohin mein Weg mich führen würde, habe ich mich mit 48 Jahren entschieden, mir eine Auszeit zu nehmen. Ich habe meinen Job gekündigt, bin einfach zu Hause geblieben und mit Dackel Rufus noch länger wandern und spazieren gegangen als vorher und habe meiner Wildkräutersammelleidenschaft – ich bin ausgebildete Wildkräuterfachfrau – gefrönt. Vegan lebte ich zu diesem Zeitpunkt schon seit ca. einem Jahr. Mit jedem weiteren „Wanderschritt“ wurde mir klar, dass ich mich mit dem Thema Veganismus noch mehr beschäftigten möchte.
Vielleicht hier an dieser Stelle noch kurz erzählt, wie ich und auch mein Mann vegan wurden. Schon lange hatten wir immer wieder Bedenken, wenn wir Fleisch konsumiert haben, es dann aber doch gekauft und gegessen. Aber eines Morgens – es war Veganuary – haben wir wieder über unsere Ernährung und unsere Bedenken bezüglich des Fleischkonsums gesprochen. An diesem Morgen haben wir uns entschieden, die vegane Ernährung auszuprobieren und haben von der Mischkost direkt zur veganen Ernährung gewechselt. Ohne Mühe, dafür mit sehr viel Spaß. Uns kam sicher zugute, dass wir sehr gerne kochen und ausprobieren. Unsere Küche war immer schon voller Geschmäcker aus der ganzen Welt.
Die Motivation: Ethik und Nachhaltigkeit
Meine und auch die Motivation meines Mannes für die vegane Ernährungsweise sind tierethische Gründe und Nachhaltigkeit. Diese Themen waren dann auch der Grund, warum ich die Ausbildung zur Veganen Ernährungsberaterin gemacht habe. Ich wollte sicher sein, dass man sich vegan gesund ernähren kann. Ich habe dann aktiv nach Ausbildungsmöglichkeiten gesucht und bin so auf ecodemy aufmerksam geworden. Mit der Ausbildung – und den endlosen Spaziergängen – ist dann die Idee entstanden, daraus meinen zukünftigen Beruf zu machen.
Niemand in unserem nahen privaten Umfeld lebt vegan, aber es fand auch keiner komisch oder nicht gut. Im Gegenteil: Meine Eltern fanden es spannend, Produkte zu suchen, die sie uns bei Besuchen servieren konnten. Klar gab es auch Stimmen, die kritisch waren, doch wir hatten – auch dank der Ausbildung bei ecodemy – gute Argumente. Die Umstellung war für uns leicht, aber ich weiß, dass es Menschen gibt, für die ist solch eine Ernährungsumstellung schwierig, sei es aus zeitlichen Gründen oder weil man vielleicht nicht so großes Interesse an Lebensmitteln, Kochen und Ernährung hat. Diesen Menschen möchte ich sehr gerne Informationen vermitteln.
Was hat dir an der Ausbildung am meisten Spaß gemacht?
Mich hat die Ausbildung von Anfang an gefesselt. Ich empfand alle Themen als sehr spannend und wollte ja lernen. Jetzt kann ich selbstsicher argumentieren, wenn Kritik an der veganen Ernährung kommt. Auch Fragen zur veganen Ernährung kann ich nun mit Daten und Fakten gut beantworten. Zu diesem Thema möchte ich noch anmerken: Was mir auch ausgezeichnet an der Ausbildung gefällt ist, dass überall Quellenangaben vorhanden sind. Toll ist auch, dass man genau weiß, wie man sich – und auch der Kunde – gesund ernähren kann, wenn man etwa Soja nicht verträgt oder nicht konsumieren möchte usw. Das Studium ist sehr lernfreundlich aufgebaut, mit den Videos, den Skripten und der Nährstoffdatenbank und vielem mehr.
Ich habe auch noch die Fachfortbildung „Vegane Ernährung für Mutter und Kind“ angefangen. Die Weiterbildung hilft mir, gezielt Unsicherheiten bei diesem emotionalen Thema nehmen zu können. Obwohl die Ausbildung online ist, hat man nicht das Gefühl, dass sich niemand kümmert. Man stellt eine Frage und die Antwort kommt sofort. Das hat mich auch sehr überzeugt.
Wie hast du Ausbildung und Alltag unter einen Hut gebracht?
Ich habe die Ausbildung während meiner Auszeit begonnen. Das hat mir natürlich zeitlich einen großen Vorteil verschafft. Ich konnte wirklich oft lernen und habe versucht, mir zeitliche Lernfenster einzurichten. Das hat natürlich nicht immer geklappt. Das schöne Wetter hat mich vom Lernort weggetrieben und manchmal auch die Unlust.
Nach ca. der Hälfte des Studiums habe ich wieder einen Job angenommen, allerdings nur 20 %. Dann ergaben sich wieder ein paar Grafikjobs und ich habe mein Studio für vegane Ernährung gegründet: grün&fein. So wurde auch meine Lernzeit wieder knapp. Aber wenn man etwas will, dann schafft man es meistens auch. Ich habe dann wieder konsequent meine Lernfenster eingehalten. Mein Mann war von Anfang an von meiner Idee überzeugt und hat mich unterstützt.
Auf deiner Website www.gruenundfein.ch findet man interessante Angebote rund um die vegane Ernährung. Was dürfen deine Kunden alles von dir erwarten?
Mein größtes Anliegen: Ich möchte Freude und Spaß an der veganen Ernährung vermitteln und dass es kein Verzicht ist, kein Müssen oder keine lästige Herumrechnerei mit Mikro- und Makronährstoffen. Ich möchte die Menschen für die vegane Ernährung begeistern. Ich gehe auf die Lebenssituation jeder Person ein und baue die Ernährungsberatung darauf auf. In kleinen und kleinsten, machbaren Schritten. Die Menschen, die zu mir kommen, sollen einen Leitfaden haben, der so einfach und einleuchtend ist, dass sie diesem mit Lust folgen. Weiter möchte ich Menschen, die noch nicht so weit sind, einen Einblick in die vegane Ernährung geben. Dazu habe ich ein Konzept entwickelt: ein Abend zwischen Genuss und Wissensvermittlung. Was es alles beinhaltet, kann ich hier nicht im Detail ausführen, das würde den Rahmen dieses Interviews glaube ich sprengen. Nur so viel: Es wird gekocht, probiert und auch ein wenig gelernt – und genossen.
Der Schritt in die Selbstständigkeit erfordert auch immer etwas Mut. Wie bist du die Sache angegangen?
Den angestammten Beruf aufzugeben, hat tatsächlich viel Mut gebraucht. Man verlässt Gewohntes, das man sehr gut kann. Das Neue und die Sicherheit, dass ich nicht mehr im alten Beruf arbeiten möchte, hat mir aber den Mut gegeben „es“ zu tun. Der Prozess davor war aber schon auch lang. Ich habe sicher zwei Jahre dazu gebraucht. Als dann die Entscheidung gefallen war, dass ich als Vegane Ernährungsberaterin in die Selbstständigkeit gehe, habe ich sofort angefangen am Konzept zu arbeiten. Meine Ideen habe ich entwickelt aus der Frage, was ich mir von einer veganen Ernährungsberatung wünschen würde und, ganz wichtig, ich habe mein Umfeld befragt. Mein großer Vorteil war und ist, dass ich mein ganzes Berufsleben in der Kommunikation zu Hause war. Ich wusste also, wie man eine Firma kommunikativ aufbaut.
Allerdings ist es für sich selbst doch nochmals ganz anders und auch manchmal schwierig. Ich habe das Ideenpapier und das Kommunikationskonzept selbst geschrieben. Mit den Überlegungen, was ich anbieten möchte und vor allem auch wem (Zielgruppe). Mein Logo, die Website, den Flyer und Social Media habe ich selbst kreiert. Für den Text und die Fotos auf der Website habe ich ein Briefing geschrieben und eine Texterin und eine Fotografin damit beauftragt. Wenn ich allerdings nicht so vieles hätte selbst machen können, hätte ich mir Hilfe geholt bei einer kleinen Werbeagentur oder einem Grafiker. Das würde ich echt empfehlen. Was ich auch gemerkt habe, ist, dass man die Kosten nicht vernachlässigen darf, die solch eine Selbstständigkeit mit sich bringt. Das Thema Geld auf dem Radar zu haben, hilft enorm und gibt Sicherheit.
Von der ersten Skizze bis zum Event
Schlussendlich hat es neun Monate gedauert, von der ersten Skizze bis zum Handelsregister-Eintrag. Aber die große Arbeit kommt ja erst jetzt: für potenzielle Kunden sichtbar werden – Instagram, Flyer verteilen, Mund zu Mund-Werbung, meine grün&fein-Events usw.
Das alles tönt jetzt vielleicht sehr leicht, aber ich hatte und habe immer noch Zeiten, da verlässt mich mein Mut und ich bin unsicher; doch wenn man gut plant, kann man sich etwas absichern und so die Bedenken überwinden. Ich freue mich, dass ich es gemacht habe, auch mit 50, und arbeite täglich daran, Kunden zu gewinnen, an Ideen, an Rezepten, an Kommunikationsideen … Vielleicht noch ein Tipp, falls man für den visuellen Auftritt kein großes Budget hat: Vielleicht hat man im Bekanntenkreis Personen aus der Werbe- und Kommunikationsbranche, die man anfragen kann und die einem zu einem guten Preis Impulse geben.
Zur Firmengründung an sich kann ich nur von meinen Erfahrungen in der Schweiz erzählen – es gibt gute Onlineportale, über die man recht einfach und seriös eine Firma gründen kann. Ich denke, die Stunden, die man in den Aufbau einer seriösen und professionellen Selbstständigkeit investiert, lohnen sich.
Worauf bist du besonders stolz?
Ich bin wirklich stolz auf den Mut, den ich gehabt habe, das Gewohnte und vermeintlich Sichere aufzugeben – und dass ich ihn immer noch habe.
Wie wird sich deiner Meinung nach die vegane Idee in der Zukunft entwickeln?
Ich glaube, es ist die einzige Möglichkeit, wie wir in der Zukunft leben können. Zumindest der größte Teil der Erde. Ich sehe große Chancen bei jungen Menschen und junge Familien. Aber auch die ältere Generation (siehe meine Eltern) möchte für die Enkel oder schlicht und einfach für die Natur und die Tiere etwas tun. Ich glaube, aufklären und informieren, Lust machen und Freude verbreiten hilft. Meinen Beitrag sehe ich darin, dass ich möglichst viele Menschen für die vegane Ernährung begeistern kann, nicht um meinetwillen (ein wenig natürlich schon, ich muss ja auch von etwas leben), sondern für den Planeten. Eine Aussage mit etwas Pathos. Aber es ist wirklich mein Anliegen und auch meine Hoffnung.
Hast du ein Lieblingsrezept?
Ich kann unmöglich ein Lieblingsrezept nennen. Ich liebe es, zu kochen und auszuprobieren, in Kombination mit Wildkräutern und Wildfrüchten. Was ich sehr gerne mag, ist Menschen zu überraschen: So zum Beispiel meinen österreichischen Vater an seinem Geburtstag. Da habe ich ihm und seiner Freundin Semmelknödel gekocht. Er hat sie echt geliebt. Sie waren den Knödeln mit Milch und Eiern in keiner Weise unterlegen. Mein Papa hat sogar gesagt, er hätte es nicht gemerkt – aber er weiß natürlich, dass wir vegan leben. Was mein Mann und ich auch sehr mögen, sind Currys in verschiedensten Variationen.
Was auch immer sehr gut ankommt bei unseren Gästen, sind Gnocchi. Sie sind sehr überrascht, dass man diese ohne Eier zubereiten kann. Auch Tempeh (den ich in verschiedenen Variationen selbst mache) ist ein Lebensmittel, das immer wieder positiv überrascht. An Feiertagen sind wir sehr flexibel. Wir haben kein typisches Familienessen. Wir kochen, worauf wir Lust haben. Letztes Jahr an Weihnachten gab es eine einfache, aber wunderbare Gemüselasagne.
Was darf in deiner Küche niemals fehlen?
Etwas Saures, etwas Knuspriges, etwas Weiches, etwas Salziges, etwas Süßes, etwas Umami … Mit diesen Geschmackskomponenten lässt sich immer wieder etwas Großartiges, Neues zaubern. Tatsächlich habe ich fast immer selbst gemachtes Tempeh im Tiefkühler. Ganz viel Gemüse der Saison sowie Nüsse und Samen sind immer im Haus. Wildkräuter und Wildfrüchte sind auch oft auf unseren Tellern zu finden. Auch Hülsenfrüchte gibt es bei uns oft. Was mein Mann und ich auch lieben, sind eingelegte Sachen als Topping: Bärlauchknospen, Nachtkerzenblüten, falsche Oliven aus Kornelkirschen oder Schlehen … das meiste selbst gesucht auf meinen Spaziergängen mit Dackel Rufus – der übrigens auch vegan lebt. Und viele Kräuter und Gewürze. Manchmal gibt es auch einen Käseersatz, etwa von New Roots – eine tolle Schweizer Firma, die ihren eigenen Camembert herstellt. Oder auch mal einen Frischkäse dieser Firma. Generell versuchen wir allerdings, wenig Fertigprodukte zu essen.
Kontakt
grün&fein
Studio für vegane Ernährung
Nicole Bernhardsgrütter
Rosenbergstrasse 50
9000 St.Gallen
Telefon: 078 710 89 11 / 0041 78 710 89 11
Website: www.gruenundfein.ch
E-Mail: nicole@gruenundfein.ch
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