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Ist Kokosblütenzucker gesund?
Der exotische Star unter den Zuckeralternativen verspricht einiges in Sachen Nährwert und Blutzuckerprofil. Er ist sowohl als Kristallzucker als auch in Form von Sirup erhältlich. Sind die angepriesenen Behauptungen gerechtfertigt? Ist Kokosblütenzucker gesund? Oder ist Kokosblütensirup gesundheitlich hochwertiger einzustufen? Alles zu dem tropischen Zucker erfährst du im Folgenden.
Wusstest du schon …
…dass sich der exotische Kokosblütenzucker im Energie- und Kohlenhydratgehalt nur geringfügig vom weißen Kristallzucker unterscheidet?
Was ist Kokosblütenzucker?
Bei diesem Exoten handelt es sich um einen Zucker, der den Blüten der Kokospalme entstammt. Während der Herstellung entsteht aus dem süßen Saft zuerst der eingedickte Sirup und nach dem Prozess der schonenden Auskristallisierung der bräunliche Zucker, weshalb man zwei Produkte aus derselben Quelle erhält.
Die vorrangigen Anbauländer des Kokosblütenzuckers sind die Philippinen (52 %), Indonesien (24 %) sowie geringfügig auch Thailand (13 %). Da die exotischen Süße im Westen erstaunliche Beachtung bekommt, hat der Export in den vergangenen 10 Jahren rasant zugenommen: Seit 2007 hat sich die Verkaufszahl vervierfacht, wobei Europa, die USA, beziehungsweise Kanada, sowie Australien und Neuseeland die vorwiegenden Abnehmerländer sind (DOA, 2012). Auch in Europa steigt die Importmenge (CBI, 2020).
Ein karamellähnliches, malzig beziehungsweise fein süßliches Aroma zeichnet den bräunlichen Zucker aus den Tropen aus. Seine Süßkraft ist mit der von weißem Rohrzucker vergleichbar, und vor allem der vermeintlich niedrige glykämische Index wird bei seiner Vermarktung hervorgehoben (Gohl, 2015).
Herstellung
Bei der Gewinnung des exotischen Produktes werden zunächst die Blüten der Kokospalme angeschnitten und daraus der süße Nektar gewonnen beziehungsweise aufgefangen. Die dünnflüssige Süße wird zu einem dickflüssigen Sirup eingekocht: der Kokosblütensirup.
Auf dem Produktionsweg zum konzentrierteren Kokosblütenzucker kristallisiert der Sirup durch kontinuierliches Rühren zu einer festen Masse aus. Wird der feste Zuckerblock zerhackt und zermahlen, entsteht letztlich das bräunliche, streufähige beziehungsweise verkaufstaugliche Produkt (Jehle und Dittrich, 2014).
Kokosblütenzucker: Vor- und Nachteile auf einen Blick
Der Herstellungsprozess zeigt, dass der Verarbeitungsprozess der tropischen Süße recht schonend stattfindet, was einen weitgehenden Erhalt der Nährstoffe mit sich bringt. Vielfach wird der Zucker aus biologischer Herkunft sowie mit dem Fair Trade-Siegel vermarktet, was wiederum auf seine soziale Verträglichkeit hinsichtlich der Produktion hindeutet. In Sachen Umweltverträglichkeit gibt es den wesentlichen Vorteil, dass der Baum beziehungsweise die Palmen für den Gewinn des Nektars nicht gefällt werden müssen. Eine Palme kann über 70 Jahre lang Zuckersaft liefern (Divé, 2015). Einer wissenschaftlichen Analyse nach soll die Süße einen erstaunlich niedrigen glykämischen Index haben, weshalb der Kokosblütenzucker gesund sein soll oder viel mehr als gesund vermarktet wird (Trinidad et al., 2010). Allerdings beruht diese Behauptung nur auf einer einzelnen Untersuchung, daher ist diese vermeintlich positive Eigenschaft zu hinterfragen. Warum dies auch aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht unbedingt ein Vorteil sein muss, erfährst du weiter unten.
Für den Exoten greifst du definitiv auch tiefer in die Tasche als für die meisten anderen Zucker, Sirupe sowie Dicksäfte. Der lange Transportweg des asiatischen Produktes führt außerdem wieder zu Einbußen in Sachen ökologischer Nachhaltigkeit.
Kokosblütenzucker: Inhaltsstoffe
Um die Fragen „Ist Kokosblütenzucker gesund“ oder Kokosblütensirup vielleicht gesünder beantworten zu können, beschäftigen wir uns zuerst mit den Inhaltsstoffen der fernöstlichen Süße.
Im direkten Vergleich handelt es sich bei Kokosblütenzucker sowie Kokosblütensirup prinzipiell um ein und dasselbe Produkt, wobei der Zucker einem zusätzlichen Verarbeitungsgrad unterliegt und somit konzentrierter vorliegt. Die Nähr- und Inhaltsstoffe stammen jedoch aus gleicher Quelle: dem Blütennektar der Kokospalme. Da der Sirup noch wasserreicher ist, sind Energie- und Zuckergehalt etwas niedriger; dafür ist die Süßkraft auch geringer als in den Kristallen, weshalb man wiederum größere Mengen des Kokosblütensirups verwenden muss.
Mit 376 kcal/100 g liegt der Kokosblütenzucker energiebezogen nicht weit von den 405 kcal/100 g des weißen Kristallzuckers entfernt. Und auch das Spektrum an Kohlenhydraten ähnelt sich in den beiden Zuckersorten: Der Anteil an dem Disaccharid Saccharose überwiegt, wohingegen nur geringfügig freie Moleküle an Monosacchariden (Gukose, Fruktose) zu finden sind.
Der bereits beschriebene Herstellungsprozess hinterlässt im relativ naturbelassenen Endprodukt noch eine nennenswerte Menge an wertgebenden Inhaltsstoffen: Sowohl einige Vitamine und insbesondere Mineralstoffe als auch ein kleiner Anteil an Ballaststoffen – das sogenannte Inulin –, sowie Antioxidantien und eine geringfügige Menge an Aminosäuren (Gardner, 2017).
Tabelle 1: Ausgewählte Inhaltsstoffe von 100 g Kokosblütenzucker (Gohl, 2015); RÄ = Retinoläquivalent
Kokosblütenzucker | |
Energie (kcal) | 376 |
Kohlenhydrate (g) | 91,9 |
Zucker gesamt (g) | 86,6 |
Eiweiß (g) | 1,2 |
Fett (g) | 0,1 |
Vitamine | |
Vitamin A / RÄ (ppm) | 0,27 |
Vitamin C (mg) | 21 |
Mineralstoffe/Spurenelemente | |
Kalium (mg) | 1330 |
Phosphor (mg) | 83 |
Magnesium (mg) | 29 |
Kalzium (mg) | 12 |
Eisen (μg) | 414 |
Ist Kokosblütenzucker gesund?
Die kostbaren Nährstoffe lassen auf den ersten Blick die Vermutung zu, dass Kokosblütenzucker gesund ist. Zuckergehalt sowie Brennwert sprechen wiederum eine andere Sprache. In Relation zum komplett nährstofffreien Haushaltszucker, ist er durch alle bereits genannten Inhaltsstoffe die wertvollere Alternative, darf jedoch in Sachen Gesundheitsförderung nicht überbewertet werden.
Dass Kokosblütenzucker gesund ist, wird neben seinem Nährstoffgehalt vorrangig dem vergleichbar sehr niedrigen glykämischen Index (GI) zugeschrieben. Während der weiße Kristallzucker unseren Blutglucosespiegel mit einem GI von 60 ansteigen lässt, liege die Zahl beim Kokosblütenzucker nur knapp über der Hälfte; genauer gesagt bei 35 beziehungsweise der GI von Kokosblütensirup bei 39. Per definitionem werden alle GI-Werte unter 55 als niedrig glykämisch eingestuft (Strohm, 2013). Wenn man dazu das Zuckerspektrum als aussagekräftigen Parameter für die Bewertung des GI zur Hand nimmt, erscheint diese Aussage recht widersprüchlich. Denn der Anteil an Saccharose, Glukose und Fruktose ist mit dem Spektrum des Haushaltszuckers durchaus vergleichbar.
Der angegebene und weit propagierte GI von Kokosblütenzucker stammt bislang aus einer einzigen Quelle eines philippinischen Lebensmittel- und Ernährungsforschungsinstituts. Diese Studie beschränkt sich auf 10 Probanden, wobei das Ergebnis im Rahmen größerer Untersuchungen bislang noch nicht belegt wurde. Es scheint daher berechtigt zu sein, die Aussagekraft dieser eingeschränkten Datenlage kritisch zu hinterfragen (Trinidad et al., 2010; Bechtold, 2017). Zudem spielt der GI einer einzelnen Zutat für die gesundheitliche Bewertung der Ernährung eine untergeordnete Rolle. Wie stark und lange der Blutzuckerspiegel ansteigt, hängt von den weiteren Bestandteilen des Lebensmittels bzw. der Mahlzeit ab.
Verwendung in der Küche
Zum Süßen von Heißgetränken, warmen oder kalten Speisen sowie zum Backen kann der Kokosblütenzucker 1:1 entsprechend dem braunen Rohrzucker verwendet werden. Der feine Unterschied besteht in seiner leichten Karamell-Note, die mancher besonders im Kaffee zu schätzen weiß. Kokosblütensirup ist mit der Verwendung von Reissirup oder Honig vergleichbar und kann ebenfalls in der warmen als auch in der kalten Küche eingesetzt werden.
Die relativ nährstoffreiche Zuckeralternative aus den Tropen kann in der Fair Trade-Variante eine unterstützenswerte Option sein. „Gesund“ ist die Süße allerdings bei Weitem nicht und der vielversprechend niedrige glykämische Index sollte mit einem kritischen Auge begutachtet werden. Naturbelassenes Obst sollte allen konzentrierten Zuckern in jedem Fall vorgezogen werden – ja, auch dem Kokosblütenzucker.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Manni meint
Guter Text, leider fehlt die Info über den
(unerwünschten) Fructose-Gehalt.
Isabel Bernhauser meint
Hallo Manni,
vielen Dank für deinen Kommentar!
Der Kokosblütenzucker enthält, wie auch kurz im Absatz „Kokosblütenzucker: Inhaltsstoffe“ beschrieben, überwiegend den Zweifachzucker Saccharose, der aus gleichen Teilen Glukose und Fruktose besteht. Freie Fruktosemoleküle sind nur in geringen Mengen in dem exotischen Zucker zu finden. Somit unterscheidet sich das Zuckerspektrum nicht erheblich vom klassischen Haushaltszucker (Zuckerrohr). Im Vergleich zum Agavendicksaft, welcher einen besonders hohen Fruktoseanteil hat, ist der Anteil beim Kokosblütenzucker niedriger.
Einen kleinen Absatz zum Thema Fruktoseintoleranz findest du auch in unserem Zucker-in-Obst-Artikel.
Ganz herzliche Grüße,
Isabel!