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Ist Reissirup gesund? Und wovon sprechen wir bei diesem auf Getreide basierendem Zuckersaft überhaupt?
Eine Süße der etwas anderen Art. Vollwertiges Getreide ist unsere wichtigste und eine sehr wertvolle Kohlenhydratquelle, wobei man heruntergebrochen auf ihre kleinsten Moleküleinheiten auch von Zucker sprechen kann. Aber ist diese zuckersüße Form des ursprünglichen Getreides noch vergleichbar hochwertig? Konkreter gefragt: Ist Reissirup gesund? Gesünder als herkömmliche Zuckeralternativen?
Wusstest du schon …
…dass Reissirup praktisch fruktosefrei ist?
Zuckeralternative Reissirup
Ursprünglich aus Japan stammend, wird der süße Getreidesaft aus Reiskörnern gewonnen. Mit einer milden Süße und einem dezent nussigen bis karamellähnlichen Eigenschmack ist er vielseitig einsetzbar. Seine gelblich bis rötlich oder gar bräunliche Farbe erinnert an Honig. Die Süßkraft aus dem glutenfreien Sirup ist jedoch vergleichsweise niedrig, was sich aus dem Zuckerspektrum erklären lässt. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Produkten zum Süßen, finden wir im Reissirup noch einen beachtlichen Anteil an Mehrfachzuckern. Das senkt nicht nur die Süße ein Stück weit herab, sondern sorgt gleichzeitig für eine langsamere Verstoffwechselung, was rein physiologisch als eher vorteilhaft bewertet werden kann. Allerdings darf man sich von diesem scheinbaren Vorzug des Reissirups nicht zu viel erhoffen, denn trotz geringfügig langsamerer Aufnahme der Zuckermoleküle in unser Blut verfügt der Reissirup über einen relativ hohen glykämischen Index: Der leicht lösliche Traubenzucker (Glukose) dominiert das Produkt (Ambros, 2011; Conrad, 2016).
Herstellung
Um aus dem vollwertigen Getreide die volle Süße herauszuziehen, wird der Reis zunächst vermahlen, das Reismehl in Wasser aufgelöst und die Mischung erwärmt. Mittels Zugabe von Enzymen findet der wesentliche Prozess der Zuckeraufspaltung statt; dadurch gewinnt man aus der komplexen Stärke niedermolekulare Zuckereinheiten, die wiederum für den süßen Geschmack ausschlaggebend sind. Im Anschluss wird die Mischung gefiltert, um alle unerwünschten, festen Bestandteile von der Flüssigkeit abzutrennen. Zuletzt wird der gewonnene Saft mittels thermischer Behandlung eingedickt, um die süße Essenz des ursprünglichen Getreides zu erhalten.
Aber auch heimische Getreidesorten, wie der Dinkel, Weizen oder die Gerste, eignen sich zur Herstellung von Sirupen, wobei die Produktion über enzymatische und thermische Behandlungen dem Herstellungsprozess von Reissirup gleicht. Im Energiegehalt sowie in der Kohlenhydratzusammensetzung ähneln sie sich ebenfalls. Der Unterschied besteht im Gluten: Während Reissirup frei von dem Eiweiß ist, sollten Zöliakie-Patienten einen Weizen- oder Dinkelsirup wegen Restgehalten des Klebereiweißes meiden (Conrad, 2016).
Reissirup: Vor- und Nachteile auf einen Blick
Ganz anders als es beim Agavendicksaft der Fall ist, finden wir im Reissirup nur Spuren von Fruktose. Das macht ihn insbesondere für Personen mit Fruktosemalabsorption attraktiv. Aber auch in die Kategorien glutenfrei, histaminverträglich und natürlich vegan können wir den japanischen Sirup einordnen. Sein Anteil an Mehrfachzuckern zeichnet ihn aus, spielt in Sachen Gesundheitswert allerdings eine untergeordnete Rolle. Der Blutzucker steigt ähnlich hoch an wie nach dem Verzehr von raffiniertem Zucker. Und da seine Süßkraft niedriger ist, konsumieren wir in der Regel mehr davon, was potenzielle Vorteile abmindert (Petersen, 2013): Fakten, die den Reissirup gesundheitlich weniger günstig darstellen. Außerdem kann vor allem der braune Reissirup möglicherweise mit Spuren des Schwermetalls Arsen belastet sein, was insbesondere für den importierten Reis aus Asien gilt. Dafür musst du für die Zuckeralternative nicht ganz so tief in die Tasche greifen wie beispielsweise beim Kauf von Ahornsirup oder Kokosblütenzucker.
Reissirup: Inhaltsstoffe
Mit knapp über 300 kcal pro 100 g liegt er deutlich unter dem Energiewert der weißen Zuckerkristalle (405 kcal), befindet sich aber in einem ähnlichen Wertebereich wie andere Süßungsalternativen (BLS).
Unser wichtigstes Stoffwechselmolekül ist in der japanischen Süße das Um und Auf: Die Glukose liegt teils als Einfachzucker in dem Sirup vor, teils als Zweifachzucker in Form von Maltose und zu etwa einem Drittel in längeren Ketten, den sogenannten Oligosacchariden (Mehrfachzuckern). Vereinfacht gesagt: Der Traubenzucker macht den Reissirup aus, Fruktose und Saccharose finden wir dagegen nur in Spuren (Tummel et al., 2014).
Der Getreidesirup liefert uns aber auch eine Reihe an Vitalstoffen, darunter sticht vor allem das Kalium hervor (Tabelle 1), was den Reissirup gesund aussehen lässt.
Tabelle 1: Ausgewählte Inhaltsstoffe von 100 g Reissirup (Frusano, 2018; Werz)
Reissirup | |
---|---|
Energie (kcal) | 311 |
Kohlenhydrate (g) | 77 |
Zucker gesamt (g) | 54 |
Glukose (g) | 23,2 |
Maltose (g) | 30,4 |
Fruktose (g) | < 0,2 |
Saccharose (g) | < 0,2 |
Eiweiß (g) | 0,5 |
Fett (g) | 0,2 |
Mineralstoffe/ Spurenelemente | |
Kalium (mg) | 100 |
Phosphor (mg) | 63 |
Magnesium (mg) | 29 |
Kalzium (mg) | 14 |
Eisen (μg) | 1000 |
Ist Reissirup gesund?
Zur Beurteilung der gesundheitlichen Vorzüge wollen wir den relativen Vergleich zum weißen Kristallzucker aufstellen. Denn die Aussage, dass Reissirup gesund ist, widerlegt bereits der Blick auf den Zuckergehalt.
Auch wenn sein glykämischer Index ähnlich hoch wie der des Haushaltszuckers ist, was schlichtweg an der Glukose liegt, hat der Reissirup zwei Vorzüge. Zum Einen den niedrigeren Brennwert (kcal/100 g) und zum Anderen das Plus an Nährstoffen. Durch die geringere Intensität an Süße geht die Tendenz jedoch eher in die Richtung, dass wir mehr davon konsumieren. Und das lässt unsere Energie- und Zuckeraufnahme wiederum weniger glänzen.
Was den Reissirup so besonders und in vielen Augen beliebt macht, ist das fruktosefreie Kohlenhydratspektrum. Die Glukose macht ihn zwar nicht deutlich gesünder, aber definitiv leichter verdaulich. Zucker bleibt in dem Fall Zucker – trotz so mancher Vorzüge gilt auch beim Reissirup: Weniger ist mehr.
Verwendung in der Küche
Die vegane Süße kann als Alternative zum Honig eingesetzt beziehungsweise ähnlich in der Küche verwendet werden. Als Brotaufstrich, zum Süßen von Desserts oder Müslis und auch zur Herstellung von Fruchtaufstrichen eignet sich Reissirup hervorragend. Aber auch beim Backen kannst du ihn verwenden und solltest, wie bei allen anderen (zäh)flüssigen Zuckeralternativen, die Flüssigkeitsmenge deiner Backmischung reduzieren. In Kombination mit Kakaopulver und Nüssen lässt sich mit dem Sirup eine Alternative zur handelsüblichen Nuss-Nougat-Creme zaubern (Petersen, 2013).
Fruktosearm, glutenfrei, vegan, aber glukosereich. Dass Reissirup gesund ist, sei dahingestellt. Eine unproblematische Süße, vor allem für Personen mit Fruktose-abhängigen Verdauungsbeschwerden, ist er aber allemal. In Maßen genossen lässt sich das ein oder andere warme oder kalte Gericht mit dem Sirup in jedem Fall fein abrunden.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Roland Becker meint
Hallo und vielen Dank für den hilfreichen Artikel.
Ich sehe die fehlenden Fruktose noch aus einem anderem Grund als Vorteil des Reissirup:
Fruktose ist ja der eigentliche Dickmacher der heutigen Zeit. Es ist lecker, macht nicht satt, und wandelt sich aber am schnellsten in Körperfett bzw. Leberfett ab. Zumindest ist das die Grundaussage des Vortrags „Sugar the bitter truth“ von der Univerity of California.
Wie seht Ihr das?
VG Roland
Barbara Beil meint
Hallo Roland,
es freut uns, dass dir der Artikel gefällt.
Leckere, nicht satt machende Lebensmittel können dazu führen, dass das Risiko für Übergewicht und damit verbundene Erkrankungen erhöht ist. Das betrifft nicht nur fruktose-haltige Lebensmittel. Die wenigsten würden Reissirup pur trinken bzw. kann man sich an weniger fruktose-haltigen Süßungsmitteln genauso schnell viele Kalorien aufnehmen.
Es gibt theoretische Hinweise, dass sich Fruktose in großen Mengen negativ auf die Lebergesundheit auswirken könnte. Außerdem wurde bei erhöhter Aufnahme in manchen Untersuchungen ein höherer Anteil an viszeraler Fettzunahme beobachtet bei hyperkalorischer Ernährung mit sehr hohem Fruktose- oder Glukoseanteil, im Vergleich zu Glukose. Eindeutige Belege, dass dies oder andere negative Effekte beim Menschen unter physiologischen Bedingungen auftreten, gibt es aber nicht.
Herzliche Grüße,
Barbara