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Alimentäre Adipositas: Wie kann die vegane Ernährung bei Übergewicht helfen?
Die Zahl Übergewichtiger nimmt global zu, in Deutschland sind mehr als 60 % der Erwachsenen und 16 % der Kinder und Jugendlichen von Übergewicht oder Adipositas betroffen (DAB, 2022). Die WHO spricht von einem epidemischen Gesundheitsproblem, denn überflüssige Pfunde sind meist Vorboten für ernstzunehmende Erkrankungen. Es besteht Bedarf, gute Methoden zu finden, bestehendes Übergewicht zu reduzieren, aber vor allem auch präventiv tätig zu werden. Doch was genau sind die Ursachen? Was sind die Risiken? Ist die ernährungsbedingte, sprich alimentäre Adipositas, die häufigste Form? (Wie) kann die vegane Ernährung bei Übergewicht helfen? In diesem Artikel dreht sich alles um das Thema Übergewicht; Tabelle mit Fakten und Zahlen inklusive.
Wusstest du schon …
…dass 13 Prozent der Todesfälle in der WHO Europa Region auf einen hohen BMI zurückzuführen sind (DAG, 2022)?
Übergewicht und Adipositas: Fakten und Zahlen
Übergewicht zeichnet sich durch ein Übermaß an Fettgewebe im Körper aus. Der Begriff Adipositas wird als pathologisch erhöhtes Übergewicht definiert und als chronisches Erkrankungsbild angesehen. Die Weltbevölkerung steckt inmitten einer Epidemie an überschüssigen Fettpolstern, die mit weit verbreiteten Krankheitsbildern in Verbindung stehen (MVZ, 2017). Vor allem übersteigen global gesehen erstmalig Übergewichtige die Zahl an Untergewichtigen. Werfen wir einen Blick auf konkrete Daten: 1,9 Milliarden Übergewichtige standen im Jahr 2016 925 Millionen Untergewichtigen und Hungernden gegenüber, Tendenz steigend (WHO, 2021). In Deutschland waren 2019 60,7 % aller Männer und 46,5 % der Frauen übergewichtig, 19 % der Bevölkerung sind adipös, wobei in dem Fall keine geschlechtsspezifischen Unterschiede erkennbar sind (Eurostat, 2022).
Klassifizierung von Übergewicht und Adipositas
Um Übergewicht und Adipositas klassifizieren zu können, wird der sogenannte Body-Mass-Index (BMI) herangezogen. Dieser spiegelt die Relation des Körpergewichts zur Körpergröße wider und wird durch eine einfache Formel, Körpergewicht [kg]/ Körpergröße [m]2, berechnet. Ob Unter-, Normal- oder Übergewicht: Tabelle 1 gibt dir Auskunft über deinen eigenen BMI.
Die Einstufung des BMI basiert auf epidemiologischen Meta-Analysen, wobei Normalgewicht mit der höchsten Lebenserwartung korreliert. Sowohl bei Über- als auch Untergewicht nimmt die Mortalitätsrate (Sterblichkeit) statistisch gesehen U-förmig zu. Menschen mit Adipositas haben eine um etwa fünf Jahre geringere Lebenserwartung als Menschen mit Normalgewicht. (DAG et al., 2014; DAG, 2022).
Übergewicht – Tabelle 1: BMI-Klassifikation von Unter-, Normal-, Übergewicht und Adipositas Grad I – III (WHO, 2004)
Klassifikation | Body-Mass-Index (kg/m2) |
---|---|
Untergewicht | < 18,5 |
Normalgewicht | 18,5 – 24,9 |
Übergewicht | 25,0 – 29,9 |
Adipositas Grad I | 30,0 – 34,9 |
Adipositas Grad II | 35,0 – 39,9 |
Adipositas Grad III | > 40,0 |
Neben einem Zuviel an Gewicht spielt aber vor allem auch die Fettverteilung im Hinblick auf das Erkrankungsrisiko eine, im wahrsten Sinne des Wortes, gewichtige Rolle. Fettansammlungen im Bauchraum sind am ehesten gesundheitlich gefährlich, denn diese sind stoffwechselaktiv und fördern das Risiko für metabolische Erkrankungen. Die sogenannte abdominelle Adipositas ist auch Teil des Metabolischen Syndroms, das durch vier charakteristische Symptome gekennzeichnet wird: Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte, Insulinresistenz und das abdominelle Übergewicht. Tabelle 2 listet den Bauch- beziehungsweise Taillenumfang von Männern und Frauen auf, der mit einem erhöhten sowie stark erhöhten Risiko für stoffwechselbedingte Erkrankungen in Verbindung steht.
Übergewicht – Tabelle 2: Geschlechtsspezifische Einstufung des Taillenumfanges (cm) als Risikofaktor für metabolische Erkrankungen (Hauner et al., 2014)
Metabolisches Risiko | Taillenumfang (cm) | |
Männer | Frauen | |
erhöht | > 94 | > 80 |
stark erhöht | > 102 | > 88 |
Ursachen für Übergewicht
Das pathologisch hohe Gewicht entsteht meist langsam, aber stetig über Jahre hinweg, weshalb die Adipositas als chronisches Krankheitsbild beschrieben wird. Die Ursache lässt sich in der Regel nicht auf einen einzigen Faktor herunterbrechen, vielmehr geht es um ein multifaktorielles Erscheinungsbild, dem einige Einflussfaktoren zugrunde liegen.
Oft wird die alimentäre Adipositas, die in erster Linie durch ein Zuviel an Nahrungszufuhr gekennzeichnet ist, als vorrangige Ursache angesehen. Meist üben aber eine Reihe an begleitenden Umweltfaktoren einen entscheidenden Einfluss auf den Erkrankungsverlauf aus. Dazu zählen Bewegungsmangel, endokrine Erkrankungen, wie die Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) oder das Cushing-Syndrom (erhöhter Cortisolspiegel), die Einnahme bestimmter Medikamente (z. B. Antidepressiva oder Antidiabetika), die Prägung des Essverhaltens im Elternhaus, das soziale Umfeld oder auch psychologische Faktoren, wie emotionales Essen. Eine genetische Komponente spielt außerdem eine Rolle (MVZ, 2017). Vor allem die große Verfügbarkeit von schmackhaftem, energiedichtem Essen hat in den letzten Jahren zur erhöhten Prävalenz beigetragen (DAG, 2022). Außerdem können Epidemiologen eine Korrelation zwischen einem niedrigen sozioökonomischen Status und dem Auftreten von Übergewicht feststellen (Schienkiewitz et al., 2018).
Fehlernährung im sozialen Umfeld und vor allem auch der Mangel an Bewegung sorgen bereits in den jungen Jahren für die unerwünschte Gewichtszunahme. Eine interessante Feststellung der Wissenschaft: Je höher der Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen, desto höher das Risiko, Adipositas zu entwickeln (Havard T.H. Chan).
Viele Menschen bemerken in zunehmendem Alter eine Gewichtszunahme, Frauen vor allem in bzw. nach den Wechseljahren (Menopause). Gründe dafür sind vor allem die oft vorherrschende geringere Bewegung, Muskelabbau, wenn kein gezieltes Krafttraining betrieben und zu wenig Protein aufgenommen wird sowie hormonelle Umstellungen.
Folgeerkrankungen
Wer übergewichtig ist, hat ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, also eine kürzere Lebenserwartung, als Normalgewichtige. Außerdem kann bei der Adipositas die Lebensqualität erheblich sinken, denn Übergewicht beeinträchtigt Beweglichkeit, Ausdauer und Leistungsfähigkeit. Eine Reihe von Folgeerkrankungen ist mit dem steigenden Körpergewicht und den Fettansammlungen im Bauchraum verbunden.
Das bereits erwähnte Metabolische Syndrom ist oftmals der Beginn weiterer Folgeerkrankungen. Der erhöhte Blutdruck und die unausgeglichenen Blutfettwerte haben auf lange Sicht das Potenzial, Gefäßerkrankungen zu verursachen, wie die klassische Arteriosklerose. Im späteren Verlauf können sich daraus Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie Herzinsuffizienz, Schlaganfall oder Herzinfarkt, manifestieren. Menschen mit Adipositas haben ein doppelt so hohes Risiko für diese Erkrankungen. Die angehende Insulinresistenz kann nach und nach den Diabetes mellitus Typ 2 einleiten. Erhöhte Harnsäurewerte provozieren Gicht und auch die nicht-alkoholische Fettleber wird durch einen Nahrungsüberfluss begünstigt. Das schwere Gewicht lastet auf den Knochen: Osteoporose tritt oft begleitend auf; Adipositas erhöht das Risiko für mindestens dreizehn Krebsarten (DAG, 2022). Neben den rein körperlichen Erkrankungen sind auch psychosoziale Probleme, wie Depression, mangelndes Selbstwertgefühl und soziale Isolation laut aktueller Studienlage leider keine Seltenheit, so dass ein emotionaler Teufelskreis seinen Lauf nehmen kann (Jantaratnotai et al., 2017).
Alimentäre Adipositas: Einfluss der Ernährung
Die alimentäre Adipositas geht auf die Ernährung beziehungsweise das Essverhalten der Betroffenen zurück. Dabei liegt eine hyperkalorische Ernährung zugrunde. Das heißt, mehr Energie (kcal) wird zugeführt als verbraucht, weshalb das Gewicht in weiterer Folge ansteigt. Lebensmittel mit einer hohen Energiedichte und geringem Ballaststoffgehalt (z. B. Gebäck, Schokoriegel, Chips, aber auch Fette und Öle und Nüsse) vor allem aber auch energiehaltige Getränke, wie Limonaden und Säfte, unterstützen eine überschüssige Energiezufuhr. Auch Alkohol ist eine nicht zu unterschätzende Energiequelle, die möglicherweise zu einer hyperkalorischen Ernährung beitragen kann. Die flüssigen Kalorien leiten kaum Sättigung ein beziehungsweise kann dadurch sogar der Appetit noch weiter angeregt werden (Malik et al., 2006; Traversy und Chaput, 2015).
Die ungünstige Ernährungsweise geht als alimentäre Adipositas oft Hand in Hand mit Bewegungsmangel. Nach Studienlage sitzen Betroffene durchschnittlich zwei Stunden pro Tag mehr als Normalgewichtige (Rabast).
Wenn man sich unterschiedliche Ernährungsformen und das durchschnittliche Körpergewicht der Personengruppen ansieht, haben Mischköstler meist den vergleichsweise höchsten BMI, gefolgt von Ovo-lacto-Vegetariern und im niedrigsten Bereich, beziehungsweise laut BMI-Klassifikation im Normalbereich, liegen Personen, die sich vegan ernähren (Tonstad et al., 2009; Spencer et al., 2003).
Behandlung der Adipositas mit veganer Ernährung
Das A und O in der Therapie von starkem Übergewicht ist die langfristige Gewichtsstabilisierung in Richtung Normalgewicht laut BMI. Außerdem sollten aber auch die physiologischen und biochemischen Parameter, wie die Blutwerte, in den gesunden Referenzbereich gebracht werden. Dazu werden meist integrative Therapiemethoden miteinbezogen, die hauptsächlich auf den Lebensstil der Patienten ausgerichtet sind. Dazu zählen sowohl die Ernährungs-, Bewegungs- als auch eine Verhaltenstherapie; in vielen Fällen ist auch eine psychologische Betreuung sehr hilfreich.
Ist das Übergewicht sehr stark ausgeprägt, das heißt, wenn der mindestens eine „Adipositas Grad II“ (BMI > 35) vorliegt und gegebenenfalls schon Begleiterkrankungen auftreten, kann die sogenannte bariatrische Chirurgie herangezogen werden. Dabei wird operativ durch die Einführung eines Magenbandes, Magenbypasses oder -ballons eingegriffen.
In allererster Linie sollte der Fokus aber auf effektiven Präventionsmaßnahmen liegen. Durch Aufklärung in Form von Kursen, Seminaren, Workshops, etc. lässt sich die gesundheitliche Bedrohung vor allem in Familien unter den Kindern und Jugendlichen verhindern. Ernährungsberater spielen in dem Bereich eine unerlässliche Rolle und haben somit einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Gesundheitssituation unserer Gesellschaft.
Eine pflanzenbasierte oder rein vegane Ernährung kann zu einem gesunden Gewicht beitragen. Das bedeutet aber nicht gleichzeitig, dass vegan per se gesund ist. Erst eine vollwertige und ausgewogene pflanzliche Kost mit der Berücksichtigung der potenziell kritischen Nährstoffe kommt der Gesundheit zu Gute. Denn durchschnittlich haben pflanzliche Lebensmittel eine geringe Energiedichte und gleichzeitig eine sehr hohe Nährstoffdichte; das kann maßgeblich für eine bessere Sättigung und somit für ein gesundes Gewicht sorgen. Beim Vergleich wissenschaftlicher Untersuchungen kommen Wissenschaftler zu dem Schluss, dass eine energiereduzierte und pflanzenbasierte Ernährung die Gewichtsreduktion nachhaltiger unterstützen kann als eine auf Mischkost basierende Diät (Huang et al., 2015; Selinger et al., 2022).
Zusammenfassung: Ernährung und Übergewicht
Wir haben es leider mit einer regelrechten Epidemie, vor allem in industrialisierten und mittlerweile auch Schwellenländern zu tun: Starkes Übergewicht ist ein chronisches Gesundheitsproblem, das mit einer Bandbreite an Komplikationen verbunden ist. Die alimentäre Adipositas gilt als die häufigste Form, was die Bedeutung einer vollwertigen, bewussten Ernährung stark unterstreicht. Rein pflanzlich und mit weniger hochverarbeiteten Produkten, mit den kritischen Nährstoffen im Visier, kann die Ernährung dabei helfen, sich dem gewünschten Gewicht wieder anzunähern. Aber man darf nicht die multifaktoriellen Ursachen aus dem Auge verlieren. Ernährung ist die eine Sache, der gesamte Lebensstil, das soziale Umfeld, mögliche Vorerkrankungen, psychologische Faktoren oder Medikamente sind die andere.
Vorrangig kommt definitiv der präventiven Arbeit in Form von Aufklärung und praktischen Programmen auf gesellschaftlicher Ebene große Bedeutung zu. So kann das chronische Gewichtsproblem nicht nur die aktuelle Lage entschärfen, aber vor allem kann großes Leiden in den nachfolgenden Generationen verhindert werden.
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