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Abnehmen durch vegane Ernährung – Erfolgsgeheimnis oder ein weiterer, zweckloser Versuch, den unnötigen Pfunden den Kampf anzusagen?
Deutschland wird immer schwerer: Übergewicht und Adipositas stellen beinahe ein epidemisches Problem unserer Gesellschaft dar. Aber nicht nur hierzulande sind die Folgen des übermäßigen und vielfach qualitativ minderwertigen Nahrungsangebotes erkennbar. Neben den Industriestaaten, wie die USA und Europa, sind auch immer mehr Schwellen- und wirtschaftlich benachteiligte Länder von dem schwergewichtigen Problem betroffen. Die Nahrungsmittelproduktion stellt einen enorm großen Industrie- beziehungsweise Wirtschaftszweig dar, wobei die heutige Produktionsweise hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit, Ethik, aber auch unserer Gesundheit äußerst fragwürdig ist.
Den meisten von uns bedarf es eines hohen Maßes an Disziplin, sich den permanenten Reizen aus duftenden Backstuben, Imbissständen und Cafés zu entsagen. Aber auch der Stress unseres hektischen Alltags führt zu problematischen Ernährungsgewohnheiten. Den überflüssigen Fettpölsterchen wird sehr gerne mit kurzzeitigen und radikalen Diäten der Kampf angesagt; zumindest ist es in der Regel der erste Versuch, um sich in seinem Körper wieder wohler zu fühlen. Diäten sind jedoch meist nicht das Erfolgsrezept für einen langfristig gesunden, schlanken und fitten Körper. Die nachhaltigere Alternative ist eine Ernährungsumstellung (Schweppe, 2014). Abnehmen? Vegan macht’s möglich: vollwertig und pflanzlich lautet die Devise!
Unsere schwergewichtige Gesellschaft
Das Robert-Koch-Institut veröffentlichte 2013 die Ergebnisse der DGES-Studie, aus der hervorging, dass über 50 % der erwachsenen Deutschen von Übergewicht oder Adipositas betroffen sind. Die Zahl an letzterer hat sogar in den vergangenen Jahren zugenommen. Als Ursachen hierfür gelten unsere Lebensverhältnisse und individuelle Gewohnheiten, die Ernährung und Bewegung betreffend; die genetische Komponente ist ein zusätzlicher Einflussfaktor. Die USA beheimatet jedoch aktuell die meisten Übergewichtigen; eine Zunahme in Schwellen- und Entwicklungsländern ist ebenso zu beobachten, da westliche Ernährungsgewohnheiten nach und nach übernommen werden (Mensink et al., 2013). Übergewicht und Adipositas sind die primären Vorreiter für chronische Erkrankungen, wie Diabetes mellitus, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Gicht (Leitzmann und Keller, 2013).
Aber nicht nur mit steigendem Lebensalter wächst das unerwünschte Hüftgold, auch schon Kinder und Jugendliche bekommen die ungeeigneten Ernährungs- und Lebensstilmuster augenscheinlich zu spüren. Zuletzt durchgeführte Prävalenzmessungen berichten von 15 % übergewichtigen und 6,3 % adipösen Kindern in Deutschland (Kurth et Rosario, 2010).
Zur Klassifikation des Unter-, Normal- bzw. Übergewichts wird im Übrigen der Body-Mass-Index (BMI) herangezogen, der das Körpergewicht in Relation zur Körpergröße setzt und sehr eng mit der Fettmasse korreliert. Normalgewicht bei Erwachsenen fällt in die BMI-Spannbreite von 19-25 kg/m2 (Leitzmann und Keller, 2013).
Diäten: sinnvoll zum Abnehmen?
Wie wird man nun die überflüssigen, ja sogar krankheitsgefährdenden Fettreserven am besten los? Schnell muss es für die meisten gehen. Die wohl bekannteste, vermeintliche Lösung liegt in einer Diät oder „Hungerkur“. Jeder zweite Deutsche möchte gerne Gewicht verlieren; bereits 51 % aller Frauen und 24 % aller Männer in Deutschland haben mindestens eine Diät durchgeführt oder ausprobiert (IfD, 2014). Bei solchen Zahlen mag man einen schlagartigen Rückgang in den BMI-Werten erwarten; die Realität sieht jedoch anders aus. Denn auch, wenn die heiß ersehnte Gewichtsreduktion zu Beginn oft erfolgreich zu sein scheint, folgt früher oder später die bittere Einsicht, dass eine Diät nicht langfristig zielführend ist.
Diäten bergen den wesentlichen Nachteil in sich, dass ihr Fokus meist auf Regeln, Verbote, Verzicht und somit Mangel gerichtet ist. Alleine diese Tatsache führt in unserem Gehirn zu Stress und löst eine sehr feindgesteuerte Denkweise aus, denn Verbote führen zu Reiz, starkem Verlangen und früher oder später zu Heißhunger. Als unerwünschtes Resultat lässt der Jojo-Effekt grüßen (Schweppe, 2014).
Doch wie geht man auf den tiefen Grund des augenscheinlichen Übergewichts und kommt auf der Waage wieder in Balance? Gibt es eine Alternative zu dem altbekannten Diät-Marathon? Die Energiebilanz spielt selbstverständlich eine Rolle, dabei liegt die Ursache an einem fehlgesteuerten Essverhalten und ungeeigneten Gewohnheitsmustern, an denen angesetzt werden solle. Schließlich wollen wir nicht gegen unseren Körper, sondern vielmehr mit ihm zusammenarbeiten. Eine peu á peu beginnende Ernährungsumstellung mit der Einführung guter Gewohnheiten – ohne sich kasteien zu müssen – ist die erfolgversprechende Variante beim Abnehmen: vegane Vollwertkost stellt eine optimale Möglichkeit dar.
Vorteile von pflanzlichen Nahrungsmitteln
Abnehmen durch vegane Ernährung bringt einen wesentlichen Vorteil mit sich, vorausgesetzt die Kost wird vollwertig gestaltet: der überwiegend geringe Energiegehalt. Pflanzliche Lebensmittel besitzen, im Vergleich zu tierischen, eine durchschnittlich niedrigere Energiedichte (kcal/100 g), aber gleichzeitig eine hohe Nährstoffdichte. Somit finden wir eine Vielzahl an Vitalstoffen, sprich Vitamine, Mineralien, Spurenelemente, gepaart mit einem hohen Wasseranteil und somit in der Regel deutlich weniger Kilokalorien als in Fleisch, Eier, Käse & Co.
Auch der hohe Ballaststoffgehalt spricht dafür, dass das Abnehmen vegan funktionieren kann. Diese unverdaulichen, komplexen Kohlenhydrate sorgen für einen nachhaltigen Sättigungseffekt und bringen nebenbei eine Palette an weiteren Vorteilen mit sich; darunter fallen beispielsweise die Bindung und Ausscheidung von Cholesterin und unerwünschten Fremdstoffen aus dem Darm, der konstant gehaltene Blutzuckerspiegel, die positive Beeinflussung der Mikroflora im Dickdarm sowie die vermehrte Speichelproduktion, da wir mehr zu kauen haben (Elmadfa und Leitzmann, 2015).
Die sekundären Pflanzenstoffe bilden eine weitere Stoffgruppe, die ausschließlich in Nahrungsmitteln pflanzlicher Natur zu finden ist. Eine Vielzahl an Substanzen, die unseren Körper gesund halten und somit vor Krankheiten schützen können (Zhang et al., 2015).
Vegan versus Mischkost
Ob vegan oder Mischkost: jegliche Form der Ernährung kann vollwertig und ausgewogen gestaltet werden. Dabei stehen jedoch immer die pflanzlichen Lebensmittel im Vordergrund, was sich auch an den Empfehlungen der Ernährungsgesellschaften ablesen lässt. Der Ernährungskreis (DGE) sowie die Ernährungspyramide (aid Infodienst, BMEL) stellen Gemüse, Obst und Getreide an die Basis unserer Ernährung und ergänzen diese mit beschränkten Mengen an tierischen Produkten sowie fettreichen Lebensmitteln, wie pflanzliche Öle, Nüsse und Saaten.
Tierische Lebensmittel bringen oftmals versteckte Fette mit sich, wenn wir an Käse, Fleisch, Eier und Wurstwaren denken. Hinzu kommt, dass die darin vorhandenen Fettsäuren meist nicht von besonderer Hochwertigkeit sind. Außerdem finden wir keinerlei gesundheitsfördernden Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe in tierischen Produkten. Dafür – je nach Qualität und Ursprung – Rückstände an unerwünschten Substanzen, wie Antibiotika und Hormone.
Abnehmen: vegan und vollwertig
Unterm Strich sprechen einige Faktoren dafür, dass Abnehmen vegan, vollwertig gestaltet vorausgesetzt, gut funktionieren kann. Aber wie lässt sich das Ganze in der Praxis und vor allem alltagstauglich umsetzen?
Wie die meisten von uns bereits wissen, bestimmt unsere Energiebilanz entscheidend, ob wir unser Gewicht halten, ab- oder zunehmen: Wird langfristig mehr Energie zugeführt als verbraucht, steigt das Gewicht. Die Pflanzenkost hat dabei den Vorteil, dass sie im Schnitt energieärmer ist, weshalb von pflanzlichen Lebensmitteln mehr gegessen werden kann. Das erhöht die Ballaststoffaufnahme und führt zu einer nachhaltigeren Sättigung.
Die vegane Ernährungspyramide des Vegetarierbund Deutschlands (heute: ProVeg) liefert hilfreiche Hinweise und wertvolle Tipps, wie eine pflanzliche Kost vollwertig umgesetzt werden kann. Darin werden nicht nur Verzehrsempfehlungen der einzelnen Lebensmittelgruppen ausgegeben, auch die potenziell kritischen Nährstoffe werden beleuchtet und ihre Bedarfsdeckung miteinbezogen.
Denn auch wenn man beim Abnehmen durch vegane Ernährung seine tägliche Kalorienzufuhr ein Stück weit herunterfährt: der Nährstoffbedarf bleibt bestehen!
Eine langfristige Umsetzung neuer Ernährungsmuster ist allerdings nur dann erfolgversprechend, wenn uns die Speisen auch schmecken. Ohne Genuss hat ein auferlegter Essensplan definitiv keine nachhaltige Wirkung. Somit kann das Abnehmen vegan erst dann gelingen, wenn wir uns mit Freude und Genuss neue Gewohnheiten aufbauen.
Abnehmen durch vegane Ernährung: so geht’s!
Schlemmen statt verzichten: unsere herkömmlichen Lieblingsspeisen können sicherlich in einer gesunden Alternative zubereitet werden. Beispielsweise können wir das weiße Auszugsmehl gegen eine Vollkornmehl-Variante austauschen oder anfangs in Kombination verwenden. Vollwertige Desserts aus Früchten, Pflanzendrinks und einer mäßigen Ergänzung von Nüssen und Ölsaaten können dem Heißhunger auf Süßes entgegenwirken. Jede Hauptmahlzeit kann einen zusätzlichen Salat vertragen; damit erreichen wir eine größere Magendehnung, was das Sättigungsgefühl unterstützt. Statt Smoothies und Säfte zu trinken sollten die vollwertigen Früchte verzehrt werden, denn das bewusste Kauen spielt für die Sättigung eine entscheidende Rolle. Stärker verarbeitete und raffinierte Produkte, fettreiche Speisen und zuckerhaltige Getränke sollten von unserem Speiseplan gegen frische, bunte, naturbelassene pflanzliche Lebensmittel getauscht werden.
Ist nun das Abnehmen durch vegane Ernährung das ultimative Erfolgsrezept? Die Chancen dafür stehen gut. Allerdings wollen wir uns nicht alleinig auf die Ernährung beschränken. Schließlich spielt dein kompletter Lebensstil eine nicht zu vernachlässigende Rolle: deine Bewegung, dein Stresspegel, deine psychische Verfassung, dein soziales Umfeld. Das sind alles Faktoren, die ebenso Einfluss darauf haben, ob du auf einem guten Weg bist, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen.
Gesundes Körpergewicht mit veganer Ernährung
Mit einem gesunden Körpergewicht, das heißt „Normalgewicht“ laut BMI, können wir eine höhere Lebensqualität erreichen, besitzen ein niedrigeres Mortalitätsrisiko als mit Übergewicht oder Adipositas und können auch weniger anfällig für die bereits erwähnten Zivilisationskrankheiten sein.
Das sagt die Wissenschaft
Hinsichtlich des Gewichtes leben vegan lebende Personengruppen auf leichterem Fuß im Vergleich zu Vegetariern und Fleischessern. Ihr Body-Mass-Index befindet sich durchschnittlich im mittleren Normalbereich, wohingegen der BMI von Mischköstlern im Schnitt im oberen Normal- bzw. leichtem Übergewichtsbereich angesiedelt ist (Davey et al., 2003; Le et Sabaté, 2014). Einer Untersuchung zu Folge hatten Allesesser ein 40 %-iges Risiko für Übergewicht, bei Vegetariern und Veganern lag dieses lediglich bei 29 % (Newby et al., 2005).
Eine fettmodifizierte vegane Ernährung, bestehend aus vollwertigen Lebensmitteln (Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte) ohne zusätzlichem Konsum von Fetten und Ölen, führte nach einer 22-wöchigen Intervention zu nachweislicher Gewichtsreduktion sowie zu einer Erhöhung der Insulinsensitivität von Diabetikern (Barnard et al., 2006). Ein Gewichtsverlust von übergewichtigen Personen, insbesondere durch Reduktion des Taillenumfangs, kann mit einem reduzierten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen in Korrelation gebracht werden (Ferdowsian et al., 2010). In einer anderen Untersuchung konnte gezeigt werden, dass eine zweijährige Intervention mit einer fettreduzierten, veganen Vollwertkost zu einem deutlich höheren Gewichtsverlust führte als die Durchführung einer moderat fettreduzierten Diät nach den Empfehlungen des National Cholesterol Education Program (Turner-McGrievy et al., 2007).
Zusammenfassung: Abnehmen durch vegane Ernährung
Ein Ernährungsverhalten, das unser Gewicht zu weit nach oben ansteigen lässt, wird oftmals schon in der Kindheit geprägt. Nicht selten setzen wir aus der Not und Verzweiflung heraus auf die ein oder andere Diät, die auf einer eingeschränkten Nahrungszufuhr, Verzicht und Mangel basiert. Mit dieser Methode arbeiten wir jedoch eher gegen als für unseren Körper und ein gesundes Gewicht. Der Jojo-Effekt stellt sich ein und der Frust wird immer größer.
Wer von uns möchte nicht ohne Verzicht und starker Einschränkung abnehmen? Vegan, vollwertig und fettreduziert macht es möglich! Dass Abnehmen durch vegane Ernährung machbar ist, zeigt uns die Wissenschaft sowie der Blick auf Lebensmitteltabellen: vollwertige, pflanzliche Produkte enthalten im Schnitt nicht nur weniger Energie, sie liefern gleichzeitig mehr Nährstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe als verarbeitete oder auch tierische Nahrungsmittel. Ganze Lebensmittel, schonend zubereitet, bewusst gekaut, mit Freude und Genuss dabei sein – so können die überflüssigen Pfunde schmelzen. Denn nur eine langfristige Ernährungsumstellung, zu deren Umsetzung wir bereit sind, kann das dauerhafte Wunschgewicht gewährleisten. Zusätzlich kann die regelmäßige Bewegung und Entspannung vom Alltagsstress den erwünschten Effekt der Gewichtsreduktion nachhaltig unterstützen.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
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