Inhaltsverzeichnis
Die vegane Ernährung als hilfreiche Unterstützung während der Wechseljahre?
Der weibliche Lebensverlauf geht gegen Ende des 40. Lebensjahres in eine neue Phase über, die sich durch typische Symptome, wie beispielsweise Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder auch Schlafstörungen bemerkbar macht. Ein hormoneller Transformationsprozess ist die Ursache, mit dem auch gleichzeitig der Gesundheitsschutz für ausgewählte Erkrankungen abnimmt. Frauen kommen in diesem Lebensabschnitt in die Wechseljahre. Ernährung sowie der eigene Lebensstil haben einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf das Wohlbefinden in dieser Zeit; nicht zuletzt aufgrund der eigenen Krankheitsprävention ist es sinnvoll, ein paar Faktoren zu beachten. Doch was genau passiert mit Frauen bei ihrem Eintritt in die Wechseljahre? Worauf solltest du bei veganer Ernährung in den Wechseljahren achten? Was gilt bezüglich Soja in den Wechseljahren? Im Folgenden erhältst du Antworten auf all diese Fragen.
Wechseljahre: Was geschieht?
Von den Wechseljahren, auch als Klimakterium, bezeichnet, wird gesprochen, wenn eine Frau durch die Abnahme des Östrogenspiegels und somit dem Nachlassen der Eierstockfunktion ihre Monatsblutung und zugleich ihre Fruchtbarkeit verliert. Grund hierfür ist, dass der Vorrat an Eizellen, in denen die „weiblichen Hormone“ (Östrogene, Gestagene) gebildet werden, von Natur aus begrenzt ist und ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr nachgebildet werden kann.
Deutsche Frauen sind beim Eintritt in die Menopause im Durchschnitt 51 Jahre; Menopause bedeutet so viel wie die letzte natürliche Regelblutung, auf die 12 Monate keine weitere natürlich auftretende Periode mehr folgt. Bei der sogenannten Postmenopause spricht man von dem Zeitraum nach der letzten Periode (Menopause) (VDD, 2008).
In dieser besonderen Phase beginnt ein teils veränderungsreicher, neuer Lebensabschnitt für die meisten Frauen. Von den hormonellen Veränderungen sind sowohl der Körper als auch der Geist, die psychische und emotionale Verfassung, betroffen. Außerdem ist es eine Lebensphase, die in vielen Fällen neben den biologischen auch soziale Veränderungen, wie beispielsweise das Aufziehen der eigenen Kinder, die Geburt von Enkelkindern, der Tod der Eltern und Veränderungen im Eheleben mit sich bringen. Somit stehen viele Frauen nicht nur mit sich und ihrem Körper, sondern gleichermaßen mit ihrem Umfeld in einem großen Veränderungsprozess (Ehsanpour et al., 2007). Diese Lebensphase ist ebenso eine Chance zur Neugestaltung des Alltags und für einen bewussten Umgang, in erster Linie mit sich selbst.
Klassische Anzeichen
Die Wechseljahre werden durch typische Symptome gekennzeichnet, welche sich auf Stoffwechsel- und psychovegetativer Ebene bemerkbar machen. Klassische Beispiele sind das Auftreten von Hitzewallungen, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen, Schweißausbrüchen, Reizbarkeit, Nervosität und trockene Haut sowie Schleimhäute. Allerdings ist die Ausprägung der entsprechenden Symptomatik individuell sehr unterschiedlich, ebenso der jeweilige Umgang.
Man kann das Durchlaufen der Wechseljahre mit anderen Lebensphasen einer Frau, beispielsweise mit der Pubertät oder Schwangerschaft, vergleichen. All diese Zeiträume im Leben einer Frau sind auf hormonelle Veränderungen zurückzuführen (Groeneveld und Hofmann, 2011).
Gesundheitliche Risiken?
Mit dem Rückgang der Östrogenproduktion verlieren die Frauen neben der Fruchtbarkeit gleichzeitig einen gewissen Gesundheitsschutz.
Ab etwa 20 Jahren sinkt die Muskelmasse (Sarkopenie), wenn man nicht dagegensteuert durch Krafttraining und ausreichende Proteinaufnahme. Anders als häufig vermutet, sinkt der Energieumsatz nicht zwangsläufig in den Wechseljahren. Der Grund, warum viele eine Zunahme beobachten, liegt in der weitergehenden Sarkopenie und einer verringerten Bewegung in dieser Zeit. Nur dadurch sinkt der Energieumsatz. Erst nach dem 60. Lebensjahr sinkt der Umsatz auch unabhängig von der fettfreien Masse (Pontzer et al., 2021).
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Frauen mit dem Eintritt in die Wechseljahre häufiger vom Metabolischen Syndrom betroffen sind als in der Zeit davor (Janssen et al., 2008; Groeneveld und Hofmann, 2011). Dazu zählen Übergewicht, Bluthochdruck, Insulinresistenz und erhöhte bzw. veränderte Blutfettwerte. Diese Konstellation begünstigt wiederum Gefäßerkrankungen (Atherosklerose), welche durch die Plaqueablagerungen zu Gefäßverengungen und folglich Herz-Kreislauferkrankungen führen können. Verglichen mit Männern reagieren Frauen mit diesen klassischen Risikofaktoren deutlich sensibler auf Herz- und Gefäßkrankheiten und sind statistisch gesehen auch häufiger davon betroffen (VDD, 2008).
Zum anderen findet durch den niedrigen Östrogenspiegel ein vermehrter Knochenabbauprozess statt, der das Osteoporose-Risiko ansteigen lässt, denn Östrogen ist ein Hormon, welches den Knochenaufbau fördert. Der Abbau kann zwar nicht gänzlich aufgehalten, aber mit entsprechenden Maßnahmen verzögert werden. Dazu zählen beispielsweise eine mikronährstoffreiche, protein- und calciumadäquate Ernährung, ein Vitamin-D-Blutwert im Referenzbereich sowie ausreichend Bewegung mit Muskelaufbautraining (Groeneveld und Hofmann, 2011).
Wechseljahre: Vegane Ernährung und Lebensstil
Der Eintritt in die Wechseljahre ist eine gute Möglichkeit, um sich für eine bewusste und bedarfsgerechte Ernährung sowie einen ausgeglichenen Lebensstil zu entscheiden. Wer sich vegan ernährt, kann mit ein paar Aspekten seine Gesundheit und Lebensqualität auch in dieser Zeit unterstützen.
Nährstoffbedarf in den Wechseljahren vegan decken
Wie immer hat auch in den Wechseljahren eine angemessene Energiezufuhr große Bedeutung, gerade auch in Bezug auf das erhöhte Risiko für das Metabolische Syndrom und Osteoporose. Übergewicht und auch Untergewicht sollte vermieden werden. Wenn du bemerkst, dass du Schwierigkeiten hast, dein Gewicht zu halten, achte auf sportliche und Alltagsaktivität und setze vermehrt auf Lebensmittel, die bei geringer Energiedichte gut sättigen. Dazu zählen vor allem Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und auch Vollkornprodukte.
In Bezug auf die Knochengesundheit bedürfen vor allem Vitamin D, Calcium und Protein eine wichtige Rolle bei veganer Ernährung in den Wechseljahren. Deine Versorgung mit Vitamin D kannst du durch an dein Blutbild angepasste Nahrungsergänzungsmittel, Calcium durch daran reiches Mineralwasser und angereicherte Produkte, Protein durch Tofu, Tempeh, abwechslungsreiche Lebensmittelauswahl und gegebenenfalls Proteinpulver verbessern.
Der Bedarf an Eisen ist etwas geringer als vor der Menopause (10 mg statt 15 mg pro Tag), da der monatliche Blutverlust durch die Menstruation ausbleibt. Weil die Eisenversorgung bei vielen veganen Frauen allerdings vor der Menopause unzureichend ist, sollte man diese dennoch im Blick behalten und eisenreiche pflanzliche Lebensmittel mit Vitamin-C-haltigen kombiniert regelmäßig verzehren. Wenn du Eisensupplemente einnimmst, kannst du in Absprache mit deinem Arzt gegebenenfalls die Dosis reduzieren oder sogar komplett darauf verzichten.
Weiterhin ist es natürlich wichtig, Vitamin B12 durch Nahrungsergänzungsmittel aufzunehmen. Hier bieten sich solche in Tropfenform oder Lutschtabletten an, da diese auch über die Mundschleimhaut aufgenommen werden. Mit zunehmendem Alter kann die Aufnahme über die Darmschleimhaut limitiert sein.
Achte also insbesondere weiterhin auf die potenziell kritischen Nährstoffe bei veganer Ernährung. Die vegane Ernährungspyramide kann dir auch in den Menopause und in der Zeit danach eine gute Orientierung für deine bedarfsgerechte Ernährung sein.
Studienlage: Vegane Ernährung und Wechseljahre
Verschiedene Studien sind der Frage nachgegangen, ob eine pflanzenbasierte oder vegane Ernährung Beschwerden in und nach den Wechseljahren vermindern kann.
In einer aktuellen randomisierten Kontrollstudie wirkte sich eine gezielte vegane Ernährung über 12 Wochen positiv auf Wechseljahrsbeschwerden (Hitzewallungen, vasomotorische, psychosoziale, körperliche und sexuelle Faktoren) von 18 postmenopausalen Frauen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe aus. Die vegane Ernährung war dabei fettarm gestaltet und umfasste die Ergänzung von 86 g gekochten Sojabohnen (mit etwa 55-60 mg Isoflavonen) pro Tag sowie das obligatorische Vitamin-B12-Supplement (Barnard et al., 2021). Ähnliches wurde bereits in einer Umfrage unter 125 peri- und postmenopausalen Veganerinnen ermittelt, die im Vergleich zu Omnivoren weniger vasomotorische und physische Symptome aufwiesen (Beezhold et al., 2018).
Wie du erfahren hast, kann das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen nach den Wechseljahren erhöht sein. Dies spiegelt sich in den Blutfettwerten wider. In verschiedenen Beobachtungsstudien wiesen Veganerinnen und Vegetarierinnen nach den Wechseljahren verringerte Triglyzerid-Werte auf, was mit einem verringerten Risiko verbunden wird. Studien, die speziell die Blutwerte von Veganerinnen betrachteten, wiesen diese oft verringerte HDL-Werte auf, was mit einem höheren Risiko verbunden wird (Huang et al., 2014).
Phytoöstrogene
Hast du auch schon unterschiedliche Meinungen zu Sojaprodukten in den Wechseljahren gehört und bist daher verunsichert? Der Grund sind die darin enthaltenen Phytoöstrogene. Dabei handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, beispielsweise Lignane und Isoflavone. Sie befinden sich nicht nur in der Sojabohne, sondern auch in Leinsamen sowie geringfügig in Sonnenblumen- und Kürbiskernen. Klassische Fermentationsprozesse, wie sie in der asiatischen Küche angewendet werden, erhöhen die Konzentration sowie die Bioverfügbarkeit der Phytoöstrogene. Diese Substanzen ähneln strukturell und funktionell dem weiblichen Geschlechtshormon 17-ß-Östradiol, sie können den Östrogenrezeptor einerseits aktivieren, aber auch deaktivieren. Die Intensität ihrer Wirkung ist jedoch um das 100 – 10.000fache geringer als jene des natürlichen Östrogens; zudem besitzen sie eine antioxidative und antiproliferierende, d.h. eine Zellwachstum-hemmende Wirkung (Danz, 2015).
Postmenopausale Beschwerden treten vermehrt, intensiver und langanhaltender in der westlichen Gesellschaft auf, verglichen mit asiatischen Bevölkerungsgruppen. Dieses Phänomen wird auf die unterschiedliche Verzehrsmenge an Lebensmittel mit Phytoöstrogenen, insbesondere Soja(produkten), zurückgeführt. Ebenso besteht eine geringere Anfälligkeit und somit Inzidenz an den hierzulande stark vertretenen Zivilisationskrankheiten, wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Studien mit Sojaprodukten und Isoflavon-Supplementen deuten auf eine Reduktion der Hitzewallungen unter postmenopausalen Frauen hin (Küpper, 2007; Barnard et al., 2021), dieser Effekt wird jedoch nicht immer bestätigt. Der hohe Verzehr isoflavonhaltiger Lebensmittel spiele als ein Faktor eine Rolle, allerdings ist die Gesamtsituation des Ernährungs- und Lebensstils in Asien, verglichen mit Europa, zu betrachten (Danz, 2015).
Für Phytoöstrogene als isolierte Nährstoffpräparate, wie sie in Form von Nahrungsergänzungsmittel in den Handel kommen, kann keine grundsätzliche Empfehlung bei Wechseljahresbeschwerden ausgesprochen werden. Die längerfristige Einnahme dieser Präparate ist laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nicht komplett risikolos. In ihrer Risikobewertung aus dem Jahr 2007 kam das BfR zu dem Ergebnis, dass isoflavonhaltige Nahrungsergänzungspräparate das Brust- und Gebärmuttergewebe verändern sowie die Schilddrüsenfunktion negativ beeinträchtigen können (BfR, 2007). In einer aktuelleren Stellungnahme der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) aus dem Jahr 2015 kommt diese zu dem Schluss, dass sich keine negativen Wirkungen bei post-menopausalen Frauen durch die in den Studien verwendeten Supplemente, Dosierungen und Einnahmedauer belegen lassen. Allerdings könne aufgrund der unterschiedlichen Wirkungen auf verschiedene Gewebe, die verschiedenen Dosierungen und Studiendesign und die damit einhergehenden nicht vergleichbaren Studienergebnisse keine Ableitung von genauen Empfehlungen zu Dosierung und Einnahmedauer gegeben werden (EFSA, 2015).
Medizinische Unterstützung
Eine Diagnose ärztlicherseits wird durch das Erfragen der Zyklusveränderungen sowie der erwähnten Symptomatik gestellt. Ebenso können die Hormonwerte aus dem Blut Aufschluss über den Eintritt in das Klimakterium geben, was insbesondere bei Frauen, denen die Gebärmutter entfernt wurde, hilfreich sein kann.
Sofern Betroffene unter langanhaltenden, intensiven Beschwerden leiden, ist in jedem Fall das Aufsuchen eines Arztes zu empfehlen. Manchmal kann es auch der Fall sein, dass Mediziner unterschiedlicher Fachrichtungen erfragt werden bzw. zusammenarbeiten müssen, da beispielsweise Schlafstörungen oder depressiven Beschwerden verschiedene Ursachen zugrunde liegen können. Zudem sollten andere Stoffwechselerkrankungen, wie jene der Schilddrüse oder des Pankreas, ausgeschlossen werden (Müller-Oerlinghausen, 2005).
Zusammenfassung: Vegane Ernährung in den Wechseljahren
Das Klimakterium, umgangssprachlich als die Wechseljahre bezeichnet, beschreibt einen Lebensabschnitt von Frauen ab einem Alter von Mitte bis Ende Vierzig, in dem die weibliche Hormonproduktion abnimmt. Dieser ist durch das Auftreten bestimmter Beschwerden, wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen, gekennzeichnet. Gleichzeitig kann sich durch den fehlenden Östrogenschutz das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose erhöhen.
Mit Hilfe einer naturbelassenen, pflanzenbasierten vollwertigen Ernährung sowie einem Lebensstil, der regelmäßige Bewegung, leichtes Muskelaufbautraining sowie ausreichend Ruhe und Entspannung zulässt, ist man gut beraten. Bei problemfreier Verträglichkeit kann der regelmäßige Konsum von Sojaprodukten als isoflavonhaltige Lebensmittel unterstützend eingesetzt werden. Isolierte Phytoöstrogenpräparate sind prinzipiell nicht empfehlenswert, vor allem nicht für Frauen mit einer östrogenabhängigen Tumorvorgeschichte.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Schreibe einen Kommentar