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Ob beim Italiener oder zu Hause beim Essen mit guten Freunden an einem warmen Sommerabend: Kaum einer kann frisch gebackenem, in aromatisches Olivenöl getunktem Brot widerstehen. Doch ist es nicht nur lecker, sondern auch gesund? Und was macht ein gutes Olivenöl aus?
Wusstest du schon …
… dass Olivenöl in 47 Ländern weltweit produziert wird (IOC, 2015)?
Zahlen rund um das Olivenöl
64.000 t: Diese beeindruckende Menge Olivenöl verzehrten die Deutschen nach Daten des International Olive Oil Council im Jahr 2017/18. Doch das können die Italiener noch überbieten: Sie nahmen in dieser Zeit 556.000 t des „flüssigen Golds“ zu sich (IOC, 2018). Aber sie konsumieren nicht nur viel, sondern sind neben Spanien auch die Hauptproduzenten in der EU. Weltweit wurden im Jahr 2018/19 3,09 Mio. t davon produziert (USDA, 2019). Doch auch wenn Olivenöl in Deutschland zu den beliebtesten Speiseölen gehört, so macht es nur einen sehr kleinen Teil der Pflanzenöleinfuhren aus – 2016 waren es 2 % (UFOP, 2018; BLE, 2018).
Olivenöl ist durchschnittlich das teuerste Pflanzenöl und wird zu sehr unterschiedlichen Preisen verkauft. Dabei man mag sich fragen, ob sie gerechtfertigt sind und wie sie zustande kommen. Eine Studie der IOC untersuchte die Kosten für die Olivenölproduktion in 15 Ländern. Dabei gab es Variationen je nach Anbaumethode (2,05‑3,45 €/kg) und Land (Türkei: 1,93 €/kg; Iran: 6,26 €/kg). Die durchschnittlichen gewichteten Kosten betrugen 2,63 €/kg Öl. Davon entfällt der Großteil auf die Produktion auf den Farmen und nur etwa 16 % werden für den Transport und die weitere Verarbeitung aufgewendet (IOC, 2015). Preisunterschiede sind also gerechtfertigt: Sie können auf Herkunft, Ernte und Verarbeitung zurückzuführen sein. Dabei ist eine hohe Qualität bei sehr niedrigem Preis unwahrscheinlich, doch höhere Preise garantieren nicht immer bessere Qualität (Öko-Test, 2019).
Herstellung des Olivenöls
Für die Herstellung werden selbstverständlich die Oliven benötigt. Dabei handelt es sich um Steinfrüchte, sie wachsen am Olivenbaum, der zur Familie der Oleaceae, also der Ölbaumgewächse, gehört. Dazu gehören 25 Gattung mit etwa 900 Arten (Bongartz, 2007). Das Öl wird sowohl aus dem Fruchtfleisch, das bis zu 50 % extrahierbares Öl enthält, als auch aus den Kernen der Oliven gewonnen (Hamatschek, 2016).
Anders als manchmal angenommen, handelt es sich bei den grünen und schwarzen Oliven nicht um unterschiedliche Sorten, sondern um verschiedene Reifegrade (grün = unreif, schwarz = ausgereift). Beide werden für die Ölgewinnung verwendet (Rimbach et al., 2015).
Herstellung des Nativen Olivenöls
Der Herstellungsprozess beginnt mit dem Entblättern der Oliven. Ist das abgeschlossen, werden die Früchte in einem Schwemmkanal mechanisch gereinigt und mittels Hammermühle vermahlen bis sie nur noch 5‑7 mm groß sind. Anschließend erfolgt die Pressung und Extraktion bei 27 °C. Dann muss das Öl noch von restlichen Feststoffen gereinigt werden, was in einem Trennseparator stattfindet. Übrig bleibt der Trester, der z. B. für Dünger und Tierfutter verwendet wird, und das native Öl. Da es noch Trübstoffe enthält, kann es so noch nicht verkauft werden. Diese werden durch Dekantieren, Filtrieren und Zentrifugieren entfernt. Zudem sind beim nativen Olivenöl weitere Verarbeitungsschritte möglich: Die Rohware kann geröstet werden und das Öl wird teilweise noch gewaschen und/oder gedämpft (Rimbach et al., 2015).
Raffination des Öls
Wenn das Öl nicht als natives in den Handel gelangen soll, wird es raffiniert. Dies kann physikalisch oder chemisch erfolgen. Dabei kann es entschleimt, entsäuert (nur bei der chemischen Raffination), gebleicht, desodoriert und fraktioniert werden. Dabei können entweder alle oder nur einzelne Schritte durchgeführt werden (BMEL, 2011). Was genau sich hinter den Begriffen verbirgt, erfährst du weiter unten im Artikel.
Aus dem Trester kann übrigens auch noch Speiseöl gewonnen werden: Dazu wird er entweder mit einem Lösungsmittel (z. B. Hexan) oder physikalisch bearbeitet, so dass das rohe Oliventresteröl entsteht. Dieses wird raffiniert und zurück bleibt ein farb-, geschmack- und geruchloses Speiseöl.
Weitere Modifikationen des Öls
Nach der Raffination kann das Öl noch weiter verändert werden:
- Fraktionierung: Hierbei werden die Öle abgekühlt und ein Extraktionslösungsmittel eingesetzt, so dass einzelne Fettfraktionen getrennt bzw. unerwünschte Beiprodukte aufgrund der unterschiedlichen Schmelzpunkte oder Löslichkeiten herausgelöst werden.
- Winterisierung: Vielleicht ist dir schon mal aufgefallen, dass sich bei im Kühlschrank gelagerten nativen Öle nach einiger Zeit feste Bestandteile absetzen. Das wird durch die Winterisierung verhindert, bei welcher die Öle abgekühlt und gefiltert werden.
- Konfektionierung: Diese umfasst die Vorgänge der Härtung, Umesterung und/oder Fraktionierung
(BMEL, 2011; Rimbach et al., 2015).
Eigenschaften des Olivenöls
Je nach Olivensorte, Anbauregion, Klima, Bodenqualität, Erntezeitpunkt und Reifegrad, Ernte- und Verarbeitungsprozess, Abfüllung und Lagerung variieren Geschmack, Aussehen und Zusammensetzung der Öle. Allein im europäischen Raum gibt es etwa 150 verschiedene Sorten, deren Öle sich deutlich unterscheiden (Bongarzt, 2007).
Zusammensetzung
Wie bei einem Öl zu erwarten, besteht das Olivenöl fast nur aus Fett und enthält weder Protein noch Ballaststoffe, der Kaloriengehalt liegt bei 884 kcal/100 g. Wenn du nähere Informationen über Fette und Öle, ihrer Zusammensetzung und Anwendung haben möchtest, wirst du in diesem Artikel fündig.
Vor allem die Fettsäurezusammensetzung, aber auch die Gehalte an weiteren Inhaltsstoffen unterscheiden sich wie gesagt je nach Olivenöl. Tabelle 1 kannst du die durchschnittliche Fettsäuren-Zusammensetzung entnehmen.
Tabelle 1: Durchschnittliche Fettsäuren-Zusammensetzung von Olivenöl pro 100 g (MRI, 2017; Rimbach et al., 2015)
Gesättigte Fettsäuren | 14 g |
Einfach ungesättigte Fettsäuren
davon Ölsäure |
71 g
69 g |
Mehrfach ungesättigte Fettsäuren
davon α-Linolensäure davon Linolsäure
|
9 g
1 g 8 g |
Wie du siehst, ist Olivenöl reich an ungesättigten Fettsäuren, die etwa 98‑99 % der Fettsäuren ausmachen. Der Großteil davon sind die einfach ungesättigten Fettsäuren, wovon die Ölsäure die Hauptfraktion bildet. Hingegen ist der Anteil an gesättigten Fettsäuren gering, was als gesundheitlich vorteilhaft gilt (Nocella et al., 2018; Matthäus, 2014). Allerdings ist das Öl keine gute Omega-3-Quelle und die Omega-6-Gehalte sind verhältnismäßig hoch, es sollte also nicht die einzige Fettquelle darstellen – Walnuss- oder Leinöl sowie ein Algenöl können deine Omega-3-Versorgung sicherstellen.
Dabei ist interessant, dass sich das Fettsäure-Spektrum zwischen nativen und raffinierten Olivenölen kaum unterscheidet, Unterschiede gibt es aber in den Gehalten weiterer Inhaltsstoffe: Native Öle enthalten durchschnittlich mehr Vitamine und Antioxidantien. Bei letzteren machen die Tocopherole 1‑2 % (11.910 µg/100 g) aus, β‑Carotin ist mit etwa 200 µg/100 g in geringen Mengen enthalten (MRI, 2017). Erwähnenswert sind die phenolischen Verbindungen (> 6 mg/100 g) wie Vanillin-, Gallus-, Cumar- und Kaffeesäure sowie Hydroxytyrosol und Lignane (Matthäus, 2013; Rimbach et al., 2015). Außerdem sind Polyphenole und weitere sogenannte „Minorkomponenten“ (dazu gehören u. a. Lipovitamine, Kohlenwasserstoffe und Lipochrome) enthalten (Nocella et al., 2018). In raffinierten Ölen sind die Tocopherolgehalte im Vergleich zu nativen Ölen um 10‑20 %, die der Phytosterole um 20‑40 % reduziert. Des Weiteren weist Olivenöl geringe Mengen an Eisen, Zink, Natrium und Kalium auf.
Sensorik
Auch Farbe und Geschmack des Olivenöls werden unter anderem von Sorte, Reifegrad, Verarbeitung und Qualität beeinflusst: Es weist eine gelbe bis grünliche Färbung auf, das Aroma kann bei einem qualitativ hochwertigen Öl mit frisch geschnittenem Gras, unreifen bzw. reifen Früchten oder Gemüse verglichen werden und nussig, bitter oder auch scharf erscheinen (Bongartz et al., 2007; Krit et al., 2008). Außerdem werden die enthaltenen Aromastoffe mit „grün“, „fettig“, „fruchtig“, und „schwarze Johannisbeere“ beschrieben (Rimbach et al., 2015).
Während bei den Konsumenten vor allem die milden Öle beliebt sind, wird ein bitterer und scharfer Geschmack, der eigentlich ein positives Qualitätsmerkmal darstellt, vom Verbraucher als negativ wahrgenommen (Bongartz, 2007).
Qualität von Olivenöl
Qualitätsstufen
Das Olivenöl wird in unterschiedliche Güteklassen eingeteilt. Diese sind EU-weit nach der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 durch folgende festgelegte Bezeichnungen geregelt (Europäisches Parlament und Europäischer Rat, 2013):
- kaltgepresstes Öl: wird bei maximal 27 °C nur über mechanische Verfahren gepresst, eine Raffination findet nicht statt. Es darf lediglich dekantiert, filtriert und zentrifugiert werden. Auch die Röstung der Rohware, das Schälen der Saat und das Waschen und/oder Dämpfen des Öls ist erlaubt, muss aber gekennzeichnet werden.
- natives Olivenöl extra: ist ein kaltgepresstes Öl, enthält keine Zusatzstoffe und wird weder durch chemische oder biochemische Hilfsmittel noch durch Wiederveresterungsverfahren bearbeitet. Kennzeichnend ist der geringe Anteil an freien Fettsäuren (FFS) (< 0,8 g/100 g, berechnet als Ölsäure)
- natives Olivenöl: muss die gleichen Bedingungen wie natives Olivenöl extra erfüllen, der FFS-Gehalt darf maximal 2 g/100 g betragen
- raffiniertes Öl: wird meist mit Hilfe eines Lösungsmittels (meistens Hexan) extrahiert, die FFS betragen max. 0,3 g/100 g, es ist
- entschleimt: Dadurch werden Phospholipide entfernt, die als weißlicher Niederschlag ausfallen können.
- gebleicht: Damit können Verunreinigungen, geschmacksbeeinträchtigende Oxidationsprodukte und Metallionen entfernt werden, die Lagerstabilität wird erhöht.
- desodoriert: Entfernt Aromastoffe, freie Fettsäuren, Pestizide, Insektizide, Polychlorierte Biphenyle (PCBs).
- fraktioniert/winterisiert: Das Öl wird abgekühlt, auskristallisierte Anteile werden abgetrennt.
- möglicherweise mit Zusatzstoffen versehen (z. B. β-Carotin, Tocopherole, Lecithine, Ascorbinsäure)
- Olivenöl: besteht aus einer Mischung aus raffinierten und nativen Ölen, die FFS betragen maximal 1 g/100 g.
- Oliventresteröl: ist raffiniertes Oliventresteröl (mit maximal 0,3 g FFS/100 g) gemischt mit nativem Olivenöl (FFS maximal 1 g/100 g)
(Matthäus, 2014; Europäisches Parlament und Europäischer Rat, 2013).
Kriterien zur Qualitätsbestimmung von Olivenöl
Die Qualität eines Öls kann mittels der folgenden Kriterien bestimmt werden:
- Säurezahl: ist ein Maß für den Gehalt an freien Fettsäuren (gemessen in mg Kaliumhydroxid pro Gramm Öl), sie beträgt bei nativen und nicht raffinierten Ölen maximal 4,0. Raffinierte Öle haben eine Säurezahl bis 0,6.
- Fettoxidationskennzahlen: beschreiben den Grad der Oxidation
- Peroxidzahl: ist ein Maß für beginnende oxidative Fettveränderungen, angegeben in Milliäquivalenten (meq) an aktivem Sauerstoff (O2) pro Kilogramm Öl; beträgt bei nativen und nicht raffinierten Ölen maximal 10, bei raffinierten maximal 5.
- Totoxzahl: ist die sogenannte Anisidinzahl (Maß für den Gehalt an α,β-ungesättigten Aldehyden) + 2x Peroxidzahl in O2 meq/kg), sie beträgt bei kaltgepressten Ölen maximal 20, bei raffinierten maximal 10.
- Thiobarbitursäurezahl (TBZ oder TBA): ist ein Maß für die Oxidation durch Hydroperoxide.
- Anteil polymerer Triglyzeride sowie die Summe der trans-Isomere von C18:1 (Ölsäure), C18:2 (Linolsäure) und C18:3 (ALA): können eine Erhitzung nachweisen (bei kaltgepressten Ölen maximal 0,1 % bzw. 0,2 %).
- Fettsäurezusammensetzung: kann Aussagen über Verarbeitung, Herkunft, Oxidationszustand und Reinheit ermöglichen. Laut der Leitsätze für Speisefette und Speiseöle dürfen ohne Auszeichnung maximal 2 % Pflanzenöle anderer botanischer Öle enthalten sein.
- Gehalt an Schadstoffen: Mineralölrückstände (MOAH, MOSH); Rückstände wie Pestizide (max. 0,01 mg/kg); technische Hilfsstoffe (Hexan max. 1 mg/kg); (Prozess-)Kontaminanten wie poly-cyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Acrylamid, 3-MCPD-Ester, Schwermetalle, Mykotoxine, perfluorierte Tenside, DEHP u. DIDP (Weichmacher) Dioxine, PCBs. Diese Schadstoffe werden immer wieder bei Tests gefunden. Die Mengen sind zwar in der Regel nicht akut gesundheitsgefährlich, eine regelmäßige Aufnahme könnte aber teilweise bedenklich sein (BfR, 2005; BgVV, 2001).
- Wachse, Hydroxyterpene, aliphatische Alkohole: können ein Hinweis auf Beimischungen von Tresteröl sein.
- Raffinationszustand: Manchmal wird ein anderer Raffinationszustand ausgeschrieben als tatsächlich gegeben, im Handel findet man hauptsächlich native Öle, die jedoch teilweise höhere FFS aufweisen als erlaubt.
- Sensorik: beurteilt durch das Deutsche Olivenöl-Panel und die Olivenölverordnung:
- kaltgepresst: deutlicher, artspezifischer Geschmack
- darf nicht ranzig, metallisch, modrig-feucht, schlammig, wurmstichig schmecken und riechen
- positiv ist ein fruchtiger, scharfer, bitterer Geschmack.
- Herkunft: der Ort der Pressung ist offiziell das Herkunftsland. Angabe wird teilweise gefälscht; Ländermischungen sind möglich, die Herkunft kann analysiert werden, da das Öl je nach Anbaugebiet eine unterschiedliche Zusammensetzung der Minorkomponenten aufweist
(Menzel, 2007; BMEL, 2011; BMEL, 2014).
Beurteilung der Qualität durch den Verbraucher
Selbst erkennen kannst du die Qualität auch – zumindest in gewissem Umfang: Ein ranziger Geschmack und Geruch weisen auf die Oxidation von freien Fettsäuren hin, ebenso ein stark nussiger Geschmack. Fällt dir das auf, solltest du das Öl nicht mehr verwenden. Das DLG-Siegel auf der Flasche zeigt eine gute sensorische Bewertung (Matthäus, 2014).
Findest du auf italienischem Olivenöl die Bezeichnung „FAO GIAHS“, so wurden die verwendeten Oliven von Hand geerntet und nicht mit Maschinen, die potenziell nachts für den Tod vieler Vögel verantwortlich sein können (FAO, 2019; Da Silva und Mata, 2019).
Auswirkungen auf die Gesundheit
Allgemeine Informationen zu Fetten, ihrer Zusammensetzung und wie sie auf die Gesundheit wirken können, findest du in unserem Add-on.
Wirkung auf chronische Erkrankungen
Das Olivenöl selbst ist ein wichtiger Bestandteil der Mediterranen Ernährung, die mit zahlreichen positiven Gesundheitswirkungen in Verbindung gebracht wird – u. a. auf Blutdruck, Endothelfunktion, oxidativen Stress, Blutlipide, Inflammationsmarker und LDL-Oxidation. Es gibt Hinweise, dass etwa 10 g extra-natives Olivenöl pro Tag sich durch inflammatorische, antioxidative und vasodilatative (gefäßerweiternde) Eigenschaften positiv auf kardiovaskuläre Erkrankungen auswirken können. So verbesserte Olivenöl auch laut epidemiologischer Studien und in randomisierten kontrollierten Studien die kardiovaskuläre Gesundheit beim Menschen (Nocella et al., 2018; Foscolou et al., 2018). Zudem ist ein Konsum mit einem geringeren Risiko für Krebserkrankungen verbunden. Beim Dickdarmkrebs vermutet man, dass z. B. eine Wirkung auf die intestinale Mikrobiota für Schutzmechanismen verantwortlich sein könnte (Borzi et al., 2018). Auch für Diabetes mellitus Typ 2 wurde ein geringeres Risiko mit Olivenölverzehr in Verbindung gebracht (Foscolou et al., 2018).
Wirkung auf Alterungsprozesse
Weiterhin könnte Olivenöl laut experimenteller in vitro-Studien dazu beitragen, den Alterungsprozess zu verlangsamen. Dafür spricht auch die Beobachtung, dass ein höherer Konsum in Beobachtungsstudien mit einer längeren Lebensdauer assoziiert wird (Fernández del Río et al., 2016; Foscolou et al., 2018). Zwar könnten unterschiedliche Mechanismen die positiven Wirkungen erklären, dennoch ist unklar, welche Bestandteile genau dafür verantwortlich sind. Vermutlich ist es auch ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Diskutiert wird unter anderem der Einfluss der Fettsäure-Zusammensetzung und der enthaltenen Polyphenole, darunter besonders Hydroxytyrosol (de Pablos et al., 2019). Hinzu kommt, dass der Konsum von Olivenöl häufig in Verbindung mit einem insgesamt gesünderem (Ernährungs-)Verhalten steht. Die Wirkungen müssen also nicht immer allein auf das Öl zurückzuführen sein (Foscolou et al., 2018).
Health Claim: Wirkung auf das LDL-Cholesterol
Doch es gibt auch von offizieller Seite eine wissenschaftliche Bestätigung für zumindest eine gesundheitlich positive Auswirkung durch Olivenöl und seine Inhaltsstoffe: seine Wirkung auf das LDL-Cholesterol. Die EFSA hat eine Aussage, dass die Oliven-Polyphenole in Olivenöl dazu beitragen können, das LDL-Cholesterol vor Oxidation zu schützen, als sogenannten Health Claim anerkannt. Demnach weisen die untersuchten Studien auf einen dosisabhängigen und signifikanten Effekt auf Marker der LDL-Oxidation hin und diese Wirkung darf auf Olivenöl ausgeschrieben werden. Dafür müssen 0,1-10,7 mg Oliven-Polyphenole über Olivenöl pro Tag mit Hydroxytyrosol und seinen Derivaten von bis zu 10 mg/d aufgenommen werden. Allerdings muss man bedenken, dass nicht jedes Olivenöl Polyphenol-Konzentrationen enthält, die eine solche Aufnahme im Rahmen von üblichen Verzehrsmengen ermöglichen. Der Schutz vor LDL-Oxidation ist daher wichtig, weil dies die Bildung von Reaktiven Sauerstoffspezies, welche die DNA, Proteine und Lipide im Körper beschädigen können, verhindern kann. Andere Gesundheitsaussagen zu Auswirkungen auf den Blutdruck und HDL-Cholesterin-Konzentrationen sind laut EFSA nicht ausreichend belegt (EFSA, 2011).
Wenn Olivenöl regelmäßig deinen Speiseplan bereichert, hast du also wahrscheinlich mehr als nur einen geschmacklichen Mehrwert. Doch wie nutzt du es am besten?
Verwendung von Olivenöl
Allgemeine Hinweise
Auch wenn Olivenöl wirklich gut schmeckt und für gesundheitliche Vorteile eine gewisse Menge der wertvollen Inhaltsstoffe aufgenommen werden muss, darfst du nicht vergessen: Öle sind kaloriendicht und verhältnismäßig nährstoffarm, was schnell eine zu hohe Energieaufnahme bei zu geringer Mikronährstoffaufnahme zur Folge haben kann. Behalte daher beim Konsum von Olivenöl auch deine gesamte Fettaufnahme im Blick. Um eine übermäßige Fettzufuhr zu verhindern, empfiehlt die DGE, neben 15-30 g Streichfetten etwa 10‑15 g Öl am Tag zu ergänzen (DGE, 2019). Die vegane Ernährungspyramide sieht neben der Verwendung von 1 EL DHA-angereichertem Öl eine tägliche Aufnahme von 1‑2 EL Pflanzenöl oder -fett pro Tag vor. So viel zu den Hinweisen bezüglich der Einsatzmenge. Nun aber zum besonders spannenden Teil: der Verwendung.
Natives oder kaltgepresstes Öl?
Wenn du das Öl aufgrund seines Geschmacks verwenden möchtest, solltest du auf die native Form zurückgreifen. Denn aus den raffinierten Ölen wurden nicht nur Schadstoffe entfernt, sondern auch die geschmacksgebenden Inhaltsstoffe. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Geschmacksnuancen der Ölsorten kannst du experimentieren: Welches Öl schmeckt dir besonders gut und welches passt zu welchem Gericht?
Allerdings solltest du bedenken, dass natives Olivenöl einen niedrigeren Rauchpunkt hat als die raffinierte Version und daher besonders gut für die kalte Küche geeignet ist. Der Rauchpunkt ist die Temperatur, bei welcher die flüchtigen Komponenten (wie Wasser, freie Fettsäuren und kurzkettige Oxidationsprodukte) verdampfen, wodurch sich gesundheitsschädliche Produkte bilden können. Daher kannst du das native Olivenöl z. B. über den Salat geben oder zum Brot als Vorspeise reichen. Besonders in der italienischen Küche beliebt: Olivenöl über Pizza und Pasta geträufelt.
Da der Rauchpunkt beim nativen Olivenöl bei 130‑175 °C liegt, kannst du es auch zum Dünsten oder leichten Braten von beispielsweise Gemüse, Burgern oder Falafeln verwenden. Ebenso gut eignet es sich zur Verarbeitung in Aufstrichen oder Dips. Auch Marinaden lassen sich wunderbar daraus herstellen: Tofu oder Gemüse über Nacht mit ein paar Gewürzen im Öl einlegen und dann zu Kartoffeln servieren – schon hat man ein Gericht mit dem gewissen Extra.
Im Gegensatz zum nativen Öl hat die raffinierte Variante keinen Eigengeschmack, der die Speisen beeinflusst, denn es ist geschmacksneutral und außerdem geruchs- sowie farblos. Du kannst es also immer dann verwenden, wenn du das Öl nicht als separate Geschmackskomponente, sondern eher zwecks Textur und allgemeinem Bratgeschmack nutzen möchtest. Das kann auch beim Backen nützlich sein. Da der Rauchpunkt von raffiniertem Olivenöl bei etwa 216 °C liegt, eignet es sich auch zum scharfen Anbraten deiner Speisen (Matthäus, 2014).
Du siehst: Der aromatische und variierende Eigengeschmack des nativen Olivenöls und die neutralen Eigenschaften des raffinierten Öls ermöglichen dir eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten.
Lagerung des Olivenöls
Das beeinflusst die Haltbarkeit
Um die gute Qualität des Olivenöls über längere Zeit aufrechtzuerhalten, sind bei der Lagerung ein paar Dinge zu beachten. Denn aufgrund des hohen Gehalts an ungesättigten Fettsäuren besteht die Gefahr der vorzeitigen Oxidation – das ist weder geschmacklich noch gesundheitlich vorteilhaft. Besonders das native Olivenöl ist davon betroffen und weniger lange haltbar als die raffinierte Version. Da die oxidative Stabilität der ungesättigten Fettsäuren abhängig von Licht, Sauerstoff, Temperatur, Olivensorte und Lagerungszeit ist, sollte es vor allem vor Sonnenlicht und Wärme geschützt aufbewahrt werden. Dabei scheint die Fettsäurezusammensetzung weniger stark beeinflusst zu werden, der Gehalt an Phenolverbindungen sinkt jedoch mit zunehmender Lagerungszeit und -temperatur (Arabameri et al., 2019).
Darauf kannst du bei der Lagerung achten
Olivenöle von hoher Qualität können auch nach 24 Monaten noch sehr frisch sein, bei Ölen aus in gutem Reifestadium geernteten Oliven lässt die Frische nach etwa 18 Monaten nach. Andere Öle können auch eine deutlich kürzere Haltbarkeit haben (Oberg, 2011). Auf der Flasche muss das Mindesthaltbarkeitsdatum aufgedruckt sein, welches eine Orientierung bietet. Zwar kannst du selbst nichts an der ursprünglichen Qualität ändern, du kannst aber dafür sorgen, dass sie nicht zu schnell und zu stark nachlässt.
Dir ist wahrscheinlich schon aufgefallen, dass Olivenöl meist in dunklen Flaschen oder auch Stahlbehältern verkauft wird. Das hat nicht nur optische Zwecke: Untersuchungen zufolge scheint eine Packung aus verzinntem Stahl, Kartonstahl oder auch undurchsichtigem Glas das Öl am besten vor Oxidation zu schützen. Beim Kauf größerer Flaschen kannst du das Öl nach dem Öffnen gegebenenfalls in kleinere Behälter umfüllen, die diese Bedingungen erfüllen, um Licht- und Sauerstoffzufuhr möglichst gering zu halten. Die Lagerung im Dunkeln bei etwa 4 °C konnte in einer Untersuchung die Öl-Qualität bis zu 12 Monate aufrechterhalten (Korifi et al., 2016). Danach nimmt die Qualität zwar ab, dennoch kannst du das Öl wahrscheinlich in den meisten Fällen ohne gesundheitliche Risiken noch etwas verwenden (Di Stefano und Melilli, 2019).
Sobald das Öl ranzig riecht oder schmeckt, solltest du es dann aber nicht mehr nutzen. Hingegen ist ein Absetzen fester Bestandteile bei nativem Öl nicht bedenklich, es handelt sich dabei um einen natürlichen Vorgang.
Unser Fazit
Olivenöl ist eine gute Wahl, wenn du Geschmack und Textur deiner Speisen durch die Zugabe von Öl beeinflussen möchtest. Gleichzeitig kann es in Ergänzung zu DHA-angereichertem Pflanzenöl dazu beitragen, deinen Fettbedarf zu decken. Dennoch solltest du weiterhin Nüsse und Samen als Fettquellen bevorzugen und das Olivenöl im Wechsel mit beispielsweise Lein-, Walnuss-, oder Rapsöl verwenden, um eine mögliche Schadstoffaufnahme zu reduzieren und deine Aufnahme an Omega-3-Fettsäuren sowie anderen gesundheitsförderlichen Stoffen zu erhöhen.
Vor allem für natives Olivenöl gilt: Achte auf gute Lagerungsbedingungen, um die gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffe bestmöglich zu erhalten und die Bildung negativer zu vermeiden.
So steht einem Genuss wie beim Italiener nichts mehr im Wege!
Beate-Sophie Nenninger meint
Hallo Michelle,
danke dir für den informativen und strukturierten Beitrag!
Ich habe eine Frage zum Abschnitt „Wirkung auf chronische Erkrankungen“. Ich verstehe nicht ganz warum Olivenöl einen gefäßerweiternden Effekt hat und schließlich als positiv für kardiovaskuläre Gefäße beschrieben wird. Anhand des Omega-6-zu-Omega-3-Verhältnisses (9:1) kann doch eher von einer gefäßverengenden Wirkung ausgegangen werden. Gleiche Frage kam mir auch beim Magazinartikel zu den Kürbiskernen auf. Dort wird die Wirkung als blutdrucksenkend beschrieben obwohl (?) diese keine Omega-3-FS, sondern nur Omega-6-FS enthalten (20g/100g). Die Werte der Fettsäuren sowie der Zuordnung (viel Omega-6-FS -> gefäßverengend, viel Omega-3-FS -> gefäßweitend) entnahm ich dem Kapitel 6 (VEA) . Bei den chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen handelt es sich doch allgemein um zu hohen Blutdruck, nicht um zu niedrigen.
Dass hier inflammatorisch (aufgrund der vorhandenen Omega-6-FS) positiv für die Gesundheit ausgelegt wird, konnte ich mir schon durch eine Frage im Forum erklären. So kann eine inflammatorische Wirkung dem Körper helfen, Entzündungen schnell zu eliminieren und zu heilen, da der Prozess aktiv gefördert wird.
Ich freu mich auf eine Nachricht von dir, um meinen Denkfehler finden zu können.
Liebe Grüße und eine gute Woche!
Beate-Sophie
Barbara Beil meint
Liebe Beate-Sophie,
ich übernehme deine Frage an Michelle.
Vielen Dank für deine interessanten Überlegungen.
Die Aussage, dass Omega-6-Fettsäuren immer gefäßverengend wirken, ist sehr vereinfacht dargestellt und bestätigt sich nicht in Untersuchungen am Menschen. Einige aus Omega-6-Fettsäuren gebildete Eicosanoide können vasodilatatorisch wirken (andere -konstriktiv).
Olivenöl besteht aus einer Vielzahl an Fettsäuren und Inhaltsstoffen, die auch im Zusammenspiel wirken. So werden die positiven Wirkungen von Olivenöl vor allem auf die mittelkettigen ungesättigten Fettsäuren sowie die Polyphenole zurückgeführt. Daher wird auch vor allem natives Olivenöl empfohlen für gesundheitliche Vorteile, da hier die Gehalte höher sind.
Oxidativer Stress wirkt durch Aktivierung von Endothelzellen gefäßverengend.
Das kann sich auch negativ auf die NO-Verfügbarkeit auswirken, was die Gefäßverengung weiter fördert.
Olivenöl wirkt antioxidativ, u. a. durch die enthaltenen Polyphenole und scheint die NO-Verfügbarkeit zu erhöhen.
Ich hoffe, dies hilft dir, die Vorgänge besser zu verstehen.
Herzliche Grüße,
Barbara