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Üppige Schlemmereien, Sekt und Wein, stundenlanges Sitzen. Du verspürst ein zwickendes Völlegefühl, dich überkommt Müdigkeit und ein ganzheitliches Unwohlsein? Das sind alles klassische Symptome deines Körpers, die dir während der Feiertage mit Sicherheit vertraut vorkommen. Denn wenn das Festtagsmahl im Backofen schmort und die Sektgläser zum Anstoßen griffbereit stehen, können und wollen viele nicht „Nein“ sagen. Deine Oma stellt im Anschluss noch die Plätzchendose auf den Tisch, serviert Kaffee und Kakao. Dann genießt du die üppigen Mahlzeiten. Dein Magen-Darm-Trakt läuft dabei auf Hochtouren und muss viel mehr Leistung erbringen, als du dir vorstellen kannst.
Wie schaffst du es nun, ohne Verdauungsbeschwerden durch die Feiertage zu kommen? Wirkt das Schnäpschen nach einer fetten Mahlzeit? Oder die radikale Null-Diät nach den feierlichen Schlemmerexzessen? Wir sind 5 Ernährungsmythen auf den Grund gegangen und geben dir für die altbekannten Weisheiten eine gesunde Alternative an die Hand.
Mythos 1: Schnaps gegen Völlegefühl
Ein hochprozentiger Digestif nach einer üppigen, fetten Mahlzeit gefällig? Kurz darauf können wir einen spürbaren Entspannungseffekt wahrnehmen, der allerdings trügerischen Charakter hat.
Tatsächlich löst dieses hochprozentige Gläschen Alkohol nach einer üppigen Mahlzeit diesen auflockernden Zustand in der Magengegend aus. Dabei weiten sich die Blutgefäße und die Durchblutung wird angeregt, was unsere Magenmuskulatur entspannt (Sucht Schweiz, 2011). Aber abgesehen davon wird der Verdauungsprozess nicht angekurbelt; ganz im Gegenteil, denn er verzögert sich sogar. Die Verdauung und die Verstoffwechselung unserer alkoholischen Gaumenfreude erfordern einen zusätzlichen Energieaufwand. Dabei ist unser Körper ohnehin schon mit der Verarbeitung der Fette, Proteine und Kohlenhydrate aus der Mahlzeit überfordert. Das Schnapsglas nach dem Essen bringt unterm Strich mehr Nach- als Vorteile mit sich.
Die gesunde Alternative
Dein Magen-Darm-Trakt wird sich deutlich besser mit einem warmen Kräutertee anfreunden können. Pfefferminze, Salbei oder Kamille zeichnen sich durch ihre beruhigende Wirkung auf die Schleimhaut aus. Fenchel-, Anis- und Kümmeltees besitzen zudem aufgrund ihrer ätherischen Inhaltsstoffe einen antiblähenden Effekt (Bühring, 2005). Sobald du nach der nächsten üppigen Mahlzeit Verdauungsbeschwerden verspürst, ist der Griff zum Kräutertee die nachhaltigere Option.
Mythos 2: Ein Nickerchen nach dem Essen
Der Magen ist voll. Der Bewegungsdrang lässt nach. Das Blut fließt in unsere Bauchgegend. Unser Körper hat harte Arbeit zu leisten. Eine fette Speise in üppiger Portionsgröße bringt schnell Müdigkeit mit sich, was den ein oder anderen dazu einlädt, sich in sein Bett zurückzuziehen. Ruhe schadet dem Körper definitiv nicht; aber legt man sich nach einer schweren Mahlzeit direkt aufs Ohr, kann das ersehnte Nickerchen Sodbrennen auslösen (Gündling, 2008). Die Verdauung wird durch den parasympathischen Ruhenerv, den sogenannten Nervus vagus, stimuliert. D.h. auch Sport ist nach dem Essen keine geeignete Wahl, seiner Verdauung etwas Gutes zu tun.
Eine ausgewogene Mischung macht’s
Ruhe oder Bewegung, was denn nun? Die Lösung: Ruhe und Bewegung. Hat man einmal über die Stränge geschlagen und kämpft mit Unwohlsein in der Magengegend, kann eine gesunde Mischung zwischen Passivität und Aktivität Wunder bewirken. Das heißt, das Sitzenbleiben direkt nach dem Essen ist nicht verkehrt. Aber ein entspannter Spaziergang an der frischen Luft kommt dir und deiner Verdauung mehr zugute als der direkte Gang ins Bett. Der eingeatmete Sauerstoff unterstützt den Stoffwechsel und bringt dein gesamtes Herz-Kreislauf-System in Schwung. Aber auch die sogenannte Peristaltik, die Eigenbewegung des Magen-Darm-Traktes, wird durch die Aktivität während des Spaziergehens unterstützt (Herold, 2000). Wahrscheinlich wirst du sogar nachts besser schlafen können, als wenn du schon unter Tags ein Nickerchen gehalten hättest. Der Spaziergang kann auch dabei helfen, ein paar übermäßig aufgenommene Kalorien zu verbrennen und so die Zunahme über die Feiertage verringern.
Mythos 3: Käse schließt den Magen
Unter Veganern nicht beliebt, aber in der Gesellschaft und wahrscheinlich bei der Verwandtschaft der absolute Klassiker: Man sitzt nach dem Festtagsmenü mit seinem Gläschen Rotwein gemütlich beisammen und zum krönenden Abschluss wird eine Käseplatte serviert. Die Binsenweisheit „Käse schließt den Magen“ geht angeblich auf den römischen Schriftsteller Plinius zurück. Das Eiweiß aus dem Käse soll der Hypothese nach überschüssige Magensäure abpuffern und somit Sodbrennen verhindern (Gerling und Franke, 2007). Der hohe Fettgehalt im Käse führt aber vor allem zu einer verzögerten Verdauung, weil Fette länger im Magen verbleiben als Kohlenhydrate und Proteine. Gleichzeitig ist Käse gerade wegen seinem relativ hohen Fettanteil sehr energiehaltig und kein ideales Dessert für die schlanke Linie. Das ist aber bei den meisten Desserts auch der Fall. Andererseits kann Käsekonsum unseren Zähnen zu Gute kommen. Das darin enthaltene Kasein, Kalzium und Phosphat kann den Kariesbakterien Paroli bieten, wo die meisten zuckerlastigen Desserts das genaue Gegenteil verursachen (Meyer-Lückel et al., 2012). Aber ein veganer Kaugummi oder einfach Zähneputzen ist da die tier- und zahnfreundlichere Alternative.
Dessert erlaubt?
Die Menge macht das Gift. Ein Abschlussgang an die Hauptmahlzeit ist selbstverständlich nichts, was man unter allen Umständen vermeiden sollte; eine kleiner süßer Nachtisch kann die Mahlzeit genussvoll komplettieren. Wer den Gesundheitswert etwas aufwerten möchte, kann beispielsweise auf ein Mousse au chocolat auf Basis der Avocado-Frucht oder Seidentofu, einen Chia-Pudding oder einfach einen Pflanzenjoghurt mit Beeren und gegebenenfalls Süßstoff zurückgreifen.
Mythos 4: Null-Diät nach üppiger Schlemmerei
Kommt dir die Devise „Ganz oder gar nicht“ bekannt vor? Dieses Schwarz-Weiß-Konzept muss nicht immer der falsche Weg sein, für den ein oder anderen mag es auch funktionieren; aber in vielen Fällen führt diese Radikalität nicht zum gewünschten Ergebnis. An einem Tag gibt es große, üppige, zucker-, salz- und fettreiche Mahlzeiten, am nächsten versucht man die Völlerei mit Hungern zu kompensieren. Doch genau dieses Verhalten tut weder der Verdauung, noch dem Stoffwechsel und unserem Verhältnis zum Essen gut. Unsere Hunger- und Sättigungssignale verlieren ihre natürliche Balance, denn der Körper ist weder ein Freund von Überessen noch von Hungern. Das Risiko zur Entwicklung eines gestörten Essverhaltens steigt, denn oft führt das Verbot dazu, dass es früher oder später zu Essanfällen mit anschließendem schlechtem Gewissen und daraus folgender noch stärkerer Restriktion kommt. Ein Teufelskreis!
Der goldene Mittelweg
Die opulenten Festtagsgerichte und das Mehr an süßen Versuchungen sind durchaus in Ordnung, schließlich feiern wir Weihnachten nur einmal pro Jahr. Wenn du weise mit deinem Körper umgehen möchtest, achte schon bei diesen weihnachtlichen Köstlichkeiten darauf, nicht weit über deine eigene Sättigungsgrenze hinaus zu essen. Außerdem kannst du das Zuviel an den Feiertagen sehr schnell mit leichten Gerichten und gegebenenfalls kleineren Portionsgrößen an den Tagen darauf einfach ausgleichen. Wer das Gefühl hat, seine kalorischen Grenzen überschritten zu haben, greift an den Folgetagen zu Gemüsesuppen und Salaten. Auch das Einlegen von Pausen zwischen den Mahlzeiten kann uns rasch dabei helfen, sein altes Wohlbefinden wieder zu verspüren. Das gilt aber nur, wenn ein gesundes Verhältnis zum Essen vorliegt. Eine Kompensation sollte nicht aus schlechtem Gewissen und Zwang, sondern entspannt mit gutem Gefühl stattfinden.
Mythos 5: Ein gesunder Smoothie zwischendurch
Die DGE empfiehlt 5 Portionen Obst und Gemüse am Tag bzw. drei Handvoll Gemüse und zwei Handvoll Obst. Bekommst du das an den Feiertagen problemlos auf die Reihe? In der Regel sind diese Mengen gerade an solchen Tagen gar nicht so einfach umsetzbar. Dann kann man schnell dazu verleitet werden, Obst in flüssiger Form zu sich zu nehmen; ein Saft oder Smoothie zwischendurch getrunken, um die Nährstofflücke aufzufüllen. Ist das tatsächlich sinnvoll?
Smoothies aus dem Supermarkt werden in den meisten Fällen mit einer überwiegenden Menge an Saft hergestellt; d. h. der Zuckeranteil wird stark hochgeschraubt und ist letztlich mit dem einer Limonade vergleichbar. Der Begriff „Smoothie“ ist gesetzlich nicht geschützt und steht nicht per se für ein gesundes Kraftgetränk. Sie weisen oft einen relativ hohen Energie- und niedrigen Ballaststoff- sowie bei längeren Lagerung Mikronährstoffgehalt auf. Das führt dazu, dass du bald wieder Hunger bekommst und nur „leere Kalorien“ aufgenommen hast.
Smoothie: Ja, aber auf die Zutaten achten!
In einem Smoothie liegen im Vergleich zum Saft noch die wertvollen Ballaststoffe aus der vollwertigen Frucht vor; außerdem die daran gebundenen Polyphenole, eine Gruppe der gesundheitlich wertvollen sekundären Pflanzenstoffe (Arranz et al., 2009). D. h. eine ausgewogene Mischung aus Obst und Gemüse im Smoothie kann durchaus dienlich sein, wenn man schnell ein paar gesundheitsförderliche Inhaltsstoffe aufnehmen möchte. Wichtig dabei ist die Zusammensetzung, die du vor allem bei selbst gemixten Smoothies in der Hand hast. Die empfohlenen zwei Portionen Obst und eine Ergänzung aus Blattgrün, wie Spinat, Feldsalat, Mangold oder Grünkohl, eignen sich hervorragend. Bei längerem Abstand zur nächsten Mahlzeit kann die Zugabe von etwas Öl oder Nüssen die Aufnahme fettlöslicher Vitamine erhöhen. Der gesunde Smoothie sollte aber nicht als Getränk zwischendurch, sondern als alleinige Mahlzeit angesehen werden.
Fazit: Verdauungsbeschwerden während der Feiertage
Um deinen Magen-Darm-Trakt sowie den Stoffwechsel mit den opulenten Festtagsmahlzeiten in Balance zu halten, kannst du ein paar gesunde Tipps beherzigen. Denn einige der altbekannten Binsenweisheiten sind mehr Mythen als Nutzbringer. Statt dem Gläschen Schnaps nach der Mahlzeit empfiehlt sich bei Verdauungsbeschwerden eher ein wärmender Kräutertee. Mit einem gemütlichen Spaziergang an der frischen Luft vor oder nach dem schweren Essen kannst du deinem Magen-Darm-Trakt etwas Gutes tun.
Feiertage sind kein Dauerzustand und sollen schließlich im Kreise der Lieben genossen werden. Dazu kann auch mal ein Mehr an Fett, Zucker und Alkohol zählen. Sofern der rote Faden in deiner Ernährung stimmt, d. h. wenn du größtenteils auf Vollwertigkeit, Abwechslungsreichtum und Regelmäßigkeit achtest, wird dich die Ausnahmen der üppigen Schlemmereien nicht so schnell aus der Fassung bzw. aus deiner Routine bringen.
Der Inhalt dieses Artikels kann und soll eine individuelle Vegane Ernährungsberatung nicht ersetzen. Im Verzeichnis für Vegane Ernährungsberatung findest du, in deiner Nähe vor Ort oder online, fachkundige Unterstützung.
Anna Bella meint
Großartiger Potcast.. Sehr interessant Danke ??
Frohe Weihnachten dem ganzen Ecodemy Team ❤️
Anna
Isabel Bernhauser meint
Liebe Anna,
ganz herzlichen Dank für deinen schönen Kommentar und die Weihnachtswünsche.
Ich hoffe, du hattest eine wundervolle Weihnachtszeit und genießt das Wochenende.
Alles Liebe für 2020 und herzliche Grüße,
Isabel!
Esther Vallis meint
Richtig cool und absolut hilfreich … vor allem vertreiben die Infos auch ein bisschen das schlechte Gewissen wegen des „1x-über-die-Stränge-schlagens“ 😊 an den Feiertagen.
Guten Rutsch Euch Allen!
Isabel Bernhauser meint
Herzlichen Dank, liebe Esther.
Auch für die einen guten Rutsch in 2022.
Beste Grüße,
Isabel!