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Arteriosklerose: Vegane Ernährung als Therapie gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Sie sind weltweit die häufigste Todesursache und stehen, ähnlich wie Diabetes, mit den Übergewicht und MetabolischeM Syndrom in enger Verbindung: Hoher Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen, Insulinresistenz und ein Zuviel an Körpergewicht gehen Hand in Hand mit dem Todesurteil Nummer Eins. Der Begriff Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist sehr weitgreifend, du bringst ihn wahrscheinlich direkt mit dem gefürchteten Herzinfarkt in Verbindung. Aber was genau ist Arteriosklerose? Ernährungsbedingte oder lebensstilunabhängige Erkrankung? Kann man Arteriosklerose rückgängig machen? In diesem Artikel erhältst du wissenschaftlichen Fakten zu dieser Krankheit und möglichen Einflüssen der veganen Ernährung.
Wusstest du schon …
…dass trotz verbesserter Überlebenschancen die Herzerkrankungen auch in Deutschland immer noch die häufigste Todesursache sind? Konkret gesagt sind es 13 % aller Frauen und 16 % der männlichen Bürger, die die Folgen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht überleben (RKI, 2015).
Arteriosklerose: das Krankheitsbild
Bevor es an die Frage geht, ob vegane Ernährung einen Einfluss auf die Entstehung und Behandlung von Arteriosklerose hat, erfährst du zuerst etwas über das pathologische Erscheinungsbild im Detail.
Arteriosklerose wird als eine chronisch degenerative Erkrankung der Arterien definiert und ist somit eine Art von Gefäßerkrankung. Sie ist ein Sammelbegriff für krankhafte Gefäßveränderungen, die durch Ablagerungen von Blutfetten, Immunzellen, Bindegewebe, Kalzium und anderen Substanzen im Blut an den Gefäßwänden entstehen. Durch diese sogenannte Plaque, ein abgelagerter Film, verhärten und verengen sich die Gefäße, so dass das Blut nicht mehr ungehindert fließen kann. Die Atherosklerose ist genau genommen eine Untergruppe, die sich auf Veränderungen der innersten Schicht der Blutgefäßwände bezieht. In der Umgangssprache wird der Begriff aber oft und gerne synonym mit der Arteriosklerose verwendet.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Allerdings führen die verengten Gefäßwände langfristig gesehen zu verheerenden Folgen, weil der natürliche Blutfluss behindert wird. Denn all unsere Zellen, Gewebe und Organe müssen laufend mit Sauerstoff, mit Energie und den essenziellen Nährstoffen versorgt werden. Ist der Blutfluss zu bestimmten Zellbereichen nicht mehr gegeben, droht die Zelle zu verkümmern.
Bei den sogenannten koronaren Herzkrankheiten manifestiert sich die Arteriosklerose an den Herzkranzgefäßen, jenen Blutgefäßen, die den Herzmuskel mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgen. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Angina pectoris, im Volksmund auch Brustenge genannt, die sich in Form von Schmerzen in der Brust bemerkbar macht. Im schwereren Verlauf kann es dann sogar zur Herzinsuffizienz beziehungsweise zum Herzinfarkt oder gar zum plötzlichen Herztod kommen.
Betrifft die Gefäßverengung periphere Arterien, so kann das beispielsweise zum Schlaganfall führen, der durch einen Gefäßverschluss im Gehirn auftritt. Die sogenannte periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) ist die Folge von Durchblutungsstörungen in den Extremitäten, insbesondere in den Beinen (Silbernagl et Lang, 2013). Somit können unterschiedliche Bereiche des Körpers unter durch Plaque verengten Gefäßen leiden.
Arteriosklerose: Diagnostik
Wie diagnostiziert der Mediziner dieses komplexe Erkrankungsbild? Komplex oder multifaktoriell trifft es sehr gut, denn die verengten Gefäße mit ihren verheerenden Folgen sollten aus unterschiedlichen Blickwinkeln untersucht werden.
Die genetische Veranlagung ist ein nicht beeinflussbarer Faktor, der heutzutage verstärkt analysiert wird. In der praktischen Diagnostik stellt der Arzt dazu eine Familienanamnese auf. Daneben hat aber vor allem ein Blutbild über die Lipidfraktion, insbesondere die Cholesterinwerte, eine hohe Aussagekraft über das vorhandene Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Außerdem sind die Blutzuckerwerte interessant, denn auch der Diabetes mellitus bringt ein hohes Risiko für Gefäßerkrankungen mit sich. Entzündungswerte, wie CRP, sowie der Homocysteinspiegel sind zwei weitere Parameter, die bei erhöhten Werten mit einem Anstieg des Erkrankungsrisikos in Verbindung stehen. Daneben sind die Blutdruckmessung und Gewichts- beziehungsweise BMI-Bestimmung zur Beurteilung der Risikofaktoren relevant.
Um die tatsächlichen Gefäßablagerungen medizinisch nachzuweisen, stehen bildgebende Verfahren, wie die Angiographie zur Verfügung. Dabei werden die Arterien radiologisch untersucht, in der Regel in Form einer Computertomographie.
Arteriosklerose: Ursachen
Für die gefährlichen Gefäßveränderungen sind einerseits beeinflussbare, aber zum Teil auch nicht beeinflussbare Faktoren verantwortlich. Die bereits genannte genetische Veranlagung, das Geschlecht und ein höheres Lebensalter sind die nicht steuerbaren Faktoren. Männer sind übrigens deutlich häufiger betroffen als Frauen.
Die andere wesentliche Ursache für die Arteriosklerose: Ernährung beziehungsweise der gesamte Lebensstil. Ein ungünstiges Essverhalten sowie Bewegungsmangel und dadurch entstehendes Übergewicht spiegeln sich z. B. in den Blutfettwerten wider. Vor allem erhöhte LDL-, erniedrigte HDL-Cholesterinwerte und erhöhte Triglyceridwerte korrelieren mit dem Auftreten von Gefäßkrankheiten. Diabetes mellitus führt durch die unerwünschten Reaktionen des Zuckers mit anderen Blutbestandteilen auf lange Sicht auch zu Schäden an den Blutgefäßen. Daneben spielt außerdem der Risikofaktor Adipositas, erhöhte Entzündungswerte und ein hoher Homocysteinspiegel im Blut eine Rolle bei den Gefäßerkrankungen (Bagott und Tamura, 2015; Leitzmann und Keller, 2013).
Arteriosklerose: Welchen Einfluss haben (vegane) Ernährung und Lebensstil?
Wie kann man Arteriosklerose ernährungs- und lebensstiltechnisch nun tatsächlich beeinflussen? Nachgewiesenermaßen sind es ein geringer Obst- und Gemüseverzehr, regelmäßiger Alkoholkonsum und vor allem ein hoher Verzehr an gesättigten und trans-Fettsäuren sowie Lebensmitteln mit hohem Glykämischen Index, die als Risikofaktoren in Sachen Ernährung gelten (Mente et al., 2009; Satija und Hu, 2018). Das Nahrungscholesterin kann ebenfalls bei sehr hohen Verzehrmengen negative Auswirkungen haben, wobei der Einfluss nicht eindeutig geklärt ist (Carson et al., 2020).
All diese ungünstigen Fettbestandteile finden sich vereinfacht gesagt vermehrt in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs und stark verarbeiteten Produkten und in geringen Mengen in vollwertiger veganer Ernährung. Bei veganer Ernährung greifen manche gern auf Kokosöl zurück. Die enthaltenen gesättigten Fettsäuren scheinen sich weniger gut auf das Blutfettprofil auszuwirken als Öle mit mehr ungesättigten Fettsäuren, aber weniger negativ als beispielsweise Butter (Vijayakumar et al., 2016; Eyres et al., 2016).
Die Gegenspieler zu dem ungünstigen Fett sind vor allem Omega-3-Fettsäuren,die sich als antientzündliche und antiatherosklerotische Nährstoffe sehr günstig auf Herz und Gefäße auswirken können; das geschieht, indem sie sowohl das unerwünscht hohe LDL-Cholesterin als auch zu hohe Triglyceridwerte senken und dem Entzündungsprozess an den Gefäßwänden entgegenwirken. Dem aktuellen Wissensstand zufolge scheint sich eine hohe Aufnahme von 4 g pro Tag einer bestimmten Form von EPA positiv auf das kardiovaskuläre System nach einem myokardialen Herzinfarkt auszuwirken (Elagizi et al., 2021). In Bezug auf die präventive Wirkung sind weitere Untersuchungen notwendig, es gibt aber Hinweise, dass sie auch hier positiv wirken (Innes und Calder, 2020). Unabhängig vom kardiovaskulären Risiko kann es aus anderen gesundheitsbezogenen Gründen bei veganer Ernährung sinnvoll sein, die Omega-3-Fettsäuren DHA und EPA zu supplementieren bzw. ein Algenöl zu nutzen, da diese über die vegane Ernährung sonst nicht aufgenommen werden.
Ein hoher Anteil an Ballaststoffen und eine hohe Nährstoffdichte in der Ernährung unterstützen die Ausscheidung von überschüssigem Cholesterin. Beides besitzen vor allem Vollkornprodukte, Obst und Gemüse. Außerdem wirken auch die sekundären Pflanzenstoffe aus den pflanzlichen Lebensmitteln antientzündlich, stoffwechselregulierend, antioxidativ und bringen viele weitere wertvolle Eigenschaften mit sich.
Insbesondere Nüsse und Soja zeigen sehr wirkungsvolle Effekte auf unser Herz-Kreislaufsystem. Bei Soja wird die Wirkung vor allem den Phytoöstrogenen zugeschrieben (Luo et al., 2014; Sacks et al., 2006).
In Tabelle 1 findest du einzelne Lebensmittel- und Nährstoffgruppen, die in Bezug auf das Risiko für Gefäßerkrankungen empfehlenswert sind und gemieden werden sollten. Dass bei der Arteriosklerose Ernährung und Lebensstil entscheidend sind, bedeutet auch, auf ausreichend Bewegung, den Verzicht auf Nikotin und auf Stressreduktion zu achten (Mozzafarian et al., 2008; van der Kooy et al., 2013; Huxley und Woodward, 2011).
empfehlenswert | zu vermeiden |
---|---|
Omega-3-Fettsäuren: Leinöl/-samen, Hanföl/-samen, Walnussöl/Walnüsse, Algenöle |
Gesättigte Fettsäuren: tierische Lebensmittel, (Kokosöl, Palmöl) |
Gemüse und Obst | Trans-Fettsäuren: verarbeitete Produkte, Fertiggerichte |
Vollkorngetreide(-produkte) | Nahrungscholesterin: tierische Lebensmittel |
Nüsse | |
Soja(-produkte): so unverarbeitet wie möglich |
Arteriosklerose – vegane Ernährung: Das sagt die Wissenschaft
Dass bei Arteriosklerose Ernährung und Lebensstil eine wesentliche Rolle spielen, bestätigt auch eine Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen.
Es bestehen Zusammenhänge zwischen dem Blutlipidprofil und der Ernährungsweise unterschiedlicher Personengruppen. Kurz gesagt, kann eine pflanzenbasierte, vollwertige Ernährung die Entstehung von Herz- und Gefäßerkrankungen reduzieren. Studien zeigen, dass Personen mit vegetarischer und veganer Ernährung insgesamt niedrigere LDL-Cholesterinwerte haben, einen niedrigeren Blutdruck aufweisen und damit ein niedrigeres Risiko für koronare Herzerkrankungen haben (Kahleova et al., 2018; Harland und Garton, 2016; McEvoy et al., 2012). Außerdem besteht eine negative Beziehung zwischen dem Herz-Kreislauf-Risiko und der Höhe des Konsums an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Das bedeutet, je weniger von diesen Lebensmitteln konsumiert wird, desto höher das Erkrankungsrisiko (Aune et al., 2016).
Eine Analyse von über 100 Studien in dem Zusammenhang zeigt, dass ein erhöhter LDL-Cholesterinspiegel und zu hohe Triglyceridwerte unter vegetarischer Ernährung um 10-15 %, unter einer rein pflanzlichen Kost sogar um 15-25 % gesenkt werden können (Ferdowsian und Barnard, 2009).
Aber kann man Arteriosklerose rückgängig machen? Die wissenschaftliche Datenlage zu dieser Fragestellung ist uneindeutig. Es gibt Studien, die zeigen konnten, dass durch eine Umstellung des Lebensstils und mit pflanzlicher Ernährung die vorhandenen Gefäßverengungen von Probanden ersichtlich zurückgingen (Kahleova et al., 2018). Eine pflanzenbasierte Ernährungsweise kann sowohl in der Prävention als auch bei bestehenden koronaren Ereignissen positive Effekte mit sich bringen. An anderen Stellen der Literatur wird erwähnt, dass eine vollständige Heilung von bestehenden Gefäßverengungen nicht möglich sei (Pozniak et al., 2021; Bundesministerium für Gesundheit, 2023). In der Gesamtschau ist es somit fragwürdig, ob eine bereits ausgeprägte Arteriosklerose vollständig reversibel und somit heilbar ist.
Behandlung der Arteriosklerose
IIn der Therapie geht es vorrangig um die Blutfettwerte, weil diese ein sehr eindeutiger Parameter für weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Insbesondere das LDL-Cholesterin wird vom Arzt genau unter die Lupe genommen. Je nach Erkrankungszustand des Patienten wird versucht, auf einen bestimmten Blutfettwert herunterzukommen. In Tabelle 2 findest du die jeweiligen Grenzwerte der Blutlipide. Diese Richtwerte sollten zuallererst über eine Ernährungs- und Lebensstilmodifikation angestrebt werden. Wenn dieser Therapieansatz erfolglos bleibt, kommen Lipidsenker als medikamentöse Therapie ins Spiel.
Tabelle 2: Empfohlene Zielwerte der Blutlipide zur Prävention von Herzkreislauf-Erkrankungen (Mach et al., 2020)
Ziel (mg/dl) |
|
---|---|
Gesamt-Cholesterin | < 200 |
LDL-Cholesterin | |
– sehr hohes KHK-Risiko – hohes Risiko – moderates Risiko – geringes Risiko |
< 55 < 70 < 100 < 116 |
Nicht-HDL-Cholesterin | |
– sehr hohes Risiko – hohes Risiko – moderates Risiko |
< 85 < 100 < 130 |
Apo B | |
– sehr hohes Risiko – hohes Risiko – moderates Risiko |
< 65 < 80 < 100 |
Triglyceride (als Risikomarker) | < 150 |
Zusammenfassung: Arteriosklerose – vegane Ernährung für Herz und Gefäße
Die Vorboten Übergewicht, Bluthochdruck oder auch Diabetes führen in vielen Fällen zu Arteriosklerose. Bleiben die im Volksmund genannten „Arterienverkalkungen“ unbehandelt, so steigt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Die hohe Zahl an Todesfällen in Folge von den Gefäßerkrankungen fordert regelrecht dazu auf, in das erschreckende Geschehen einzugreifen.
Wie sich in einer Vielzahl an wissenschaftlichen Untersuchungen zeigt, spielen bei Arteriosklerose Ernährung und Lebensstil eine ganz entscheidende Rolle. Gering verarbeitete pflanzliche Lebensmittel und ein moderater Fettkonsum können nicht nur präventiv, sondern sogar therapeutisch wirken und Arteriosklerose rückgängig machen. Fette sollten nicht nur mäßig, sondern vor allem ausgewählt genossen werden, also Qualität vor Quantität. Dem Herz-Kreislauf-System tust du vor allem mit Lebensmitteln, die reich an einfach-ungestättigten Fettsäuren sowie mehrfach-ungesättigten, insbesondere den Omega-3-Fettsäuren sind, etwas Gutes. Ähnliches gilt für vollwertige Sojaprodukte, wie Bohnen oder Tofu sowie natürlich Vollkornprodukten, Gemüse, Obst sowie Nüssen und Samen. Veganismus kann sich also potenziell positiv auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen auswirken – wenn die genannten Lebensmittelgruppen und damit die enthaltenen Nährstoffe in ausreichender Menge aufgenommen werden.
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