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Vegane Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs: Kann man über die Lebensmittelauswahl aktiv eingreifen und den Krankheitsverlauf beeinflussen? Gibt es Risiken durch die vegane Ernährung oder kann sie sogar schützen? Wenn ja, wie?
Frauen sind von dieser Krebserkrankung weltweit am häufigsten betroffen, das Risiko steigt nach den Wechseljahren. Auch wenn man bei der Diagnose Brustkrebs direkt an weibliche Patienten denkt, können auch Männer bösartige Brusttumore entwickeln. Brustkrebs ist sogar die häufigste Krebserkrankung (IARC, 2020). Kann man sich durch eine vegane Ernährung davor schützen oder in den Krankheitsprozess eingreifen? Vor allem die Phytoöstrogene werden häufig in diesem Zusammenhang diskutiert; sprich östrogenähnliche Substanzen in Lebensmitteln. Die Kontroverse über Soja und die enthaltenen Phytoöstrogene ist groß, vor allem im Hinblick auf Brustkrebs nach den Wechseljahren. Was aber sagt die wissenschaftliche Literatur dazu? Erfahre in diesem Artikel mehr zum Thema: Vegane Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs.
Wusstest du schon …
…dass Brustkrebs die nach Lungenkrebs am häufigsten diagnostizierte Krebserkrankung ist (Kuran et al., 2020)?
Diagnose: Hormonabhängiger Brustkrebs
Bei dieser Art von Krebserkrankung entsteht der Tumor im Brustgewebe. Dabei kommt es zu einem ungehinderten und sehr raschen Wachstum von mutierten Zellen, gleichzeitig sterben alte Zellen kaum ab: Ein Tumor ist dabei, sich zu manifestieren. Hormonabhängig bedeutet übrigens, dass das Wachstum des Tumors durch Geschlechtshormone angeregt wird. Das ist in erster Instanz das Östrogen, sekundär spielen auch Gestagene eine Rolle. Auch beim männlichen Patienten ist ein Ungleichgewicht zwischen Testosteron und Östrogen in der Tumorentwicklung mitbestimmend. Schließlich besitzen sowohl Frauen als auch Männer beide Geschlechtshormone, nur in unterschiedlichen Anteilen (Schulte-Vorwick et al., 2013).
Ob es sich bei dem unerwünschten Zellwachstum um einen gut- oder bösartigen Tumor handelt, kann durch eine Gewebeuntersuchung in der Pathologie bestimmt werden. Bildgebende Verfahren, wie Sono- oder Mammografie, sind für eine sichere Diagnose nicht ausreichend aussagekräftig. Ein bösartiger Tumor kann nämlich sogenannte Metastasen bilden, das heißt, es entstehen Tochtergeschwülste, die in andere Gewebe beziehungsweise Organe eindringen und sich vermehren (Kreienberg et al., 2009).
Hormonabhängiger Brustkrebs: Risikofaktoren
Auch beim Brustkrebs gibt es bestimmte Faktoren, denen man zwangsläufig unterliegt, aber genauso gibt es einige Umweltreize, die du aktiv beeinflussen kannst.
Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, steigt mit dem Alter; genauer gesagt trifft ein hormonabhängiger Brustkrebs vor allem Frauen nach der Menopause. Dabei spielt der Östrogenspiegel im Laufe der Lebenszeit einer Frau eine entscheidende Rolle: Tritt die Menarche (erste Regelblutung) früh und die Menopause spät ein, so besteht ein höheres Risiko. Das heißt, ein langfristig anhaltender hoher Östrogenspiegel geht mit einem größeren Risiko einher. Zwei weitere Faktoren sind die genetische Komponente sowie die Strahlenexposition des Brustkorbs in jungen Jahren, beispielsweise wegen eines Lymphoms in der Kindheit (Scharl, 2014).
Nun zu den Faktoren, die du beeinflussen kannst: Lebensstil und Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs. Regelmäßiger Alkoholkonsum, Bewegungsmangel und ein hoher Body-Mass-Index das Erkrankungsrisiko. Erhöhte Fettansammlungen im Bauchraum werden als gefährlicher eingestuft als Depotfett an Hüfte und Oberschenkel. Außerdem scheint auch das Alter in dem Zusammenhang eine Rolle zu spielen: Erst nach der Menopause kann eine Verbindung zwischen starkem Übergewicht und einem erhöhten Brustkrebsrisiko hergestellt werden (Knasmüller, 2014).
Vegane Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs
Ein Blick auf die globale Verteilung der Brustkrebsfälle lässt spezifische Muster erkennen. Denn während man in Industriestaaten, wie Europa, den USA oder Australien hohe Fallzahlen beobachtet, spielt die Erkrankung in Afrika und Asien eine eher untergeordnete Rolle. Diese Tatsache lässt Wissenschaftler Vermutungen hinsichtlich des unterschiedlichen Ernährungsverhaltens aufstellen. Schließlich schätzen Experten auf diesem Gebiet, dass ein Drittel aller Krebsfälle ernährungsbedingt seien (Kalaiselvan, 2010). Außerdem konnte beobachtet werden, dass in Japan die Zahl an Brustkrebs-Neuerkrankungen zunimmt, was unter anderem auf das veränderte Essverhalten der Bevölkerung zurückgeführt wird; schließlich adaptieren Asiaten die westlichen Ernährungsmuster nach und nach (Minami et al., 2003).
Schutzfaktoren aus veganen Nahrungsmitteln
Mit der Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs kannst du aktive Gesundheitsförderung betreiben. Aber welche Lebensmittel und Inhaltsstoffe schützen vor dem Risiko, an Brustkrebs zu erkranken? Vor allem eine gemüsereiche Ernährung wird als protektiv eingestuft, Obst in geringerem Ausmaß (Gandini et al., 2000). In den bunten Lebensmitteln stecken die antikanzerogenen sekundären Pflanzenstoffe und auch lösliche Ballaststoffe, beispielsweise Pektin, die ein größeres Schutzpotenzial besitzen als unlösliche Ballaststoffe. Ein täglicher Konsum von mindestens 30 g Ballaststoffen senke das Brustkrebsrisiko um etwa 20 %. Außerdem könnten langkettige Omega-3-Fettsäuren auch einen schützenden Einfluss haben (Knasmüller, 2014; Fabian et al., 2015; Lee et al., 2020).
In einer Untersuchung wurde für Frauen nach den Wechseljahren ein Zusammenhang zwischen dem Brustkrebsrisiko und einer höheren Fettzaufnahme festgestellt, insgesamt sind die Ergebnisse bezüglich der Höhe und Art der Fette in der Ernährung aber gemischt (Buja et al., 2020; Key et al., 2020).
Ein kurzes Zwischenfazit zur veganen Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs: Vollwertige pflanzliche Lebensmittel, wie Gemüse, Obst und Vollkornprodukte sowie eine moderate Fettzufuhr mit ausreichend Omega-3-Fettsäuren, können schützenden Charakter in Sachen Brustkrebsrisiko haben.
Phytoöstrogene: Wirkung
Wie steht es aber um Soja und Brustkrebs? Wahrscheinlich ist dir der Begriff Phytoöstrogene schon einmal untergekommen. „Pflanzliche Östrogene“, die den weiblichen Geschlechtshormonen strukturell ähneln und deshalb ihre Wirkung am Rezeptor nachahmen können. In der Sojabohne ist der Phytoöstrogengehalt vergleichsweise hoch, weshalb das Lebensmittel mittlerweile stark in Verruf geraten ist. Doch was hat es mit den sogenannten Phytoöstrogenen auf sich?
Dabei handelt es sich um eine Gruppe von sekundären Pflanzenstoffen, das heißt, biologisch aktive Substanzen, die chemisch zur Gruppe der Polyphenole zählen. Dazu gehören die Verbindungen Isoflavone, Lignane und Coumestane (Kulling und Watzl, 2003). Wegen ihrer strukturellen Ähnlichkeit zum weiblichen Sexualhormon 17ß-Östradiol können sie ebenfalls an den Östrogenrezeptoren (ER-alpha und ER-beta) andocken und die Wirkung des endogenen Östrogens auslösen. Alpha-Rezeptoren liegen vor allem an Fortpflanzungsorganen und im Brustgewebe vor, wohingegen Beta-Rezeptoren hauptsächlich im Knochengewebe, Herz-Kreislauf-System und Gehirn lokalisiert sind. Phytoöstrogene binden stärker an Beta-Rezeptoren und können somit auch als selektive Estrogen-Rezeptormodulator (SERM) bezeichnet werden (Mörixbauer, 2019). Je nach Gewebe wirken Phytoöstrogene jedoch auch gegenteilig, also anti-östrogen oder gar nicht östrogen.
Phytoöstrogene: Lebensmittel
In welchen Lebensmitteln sind Phytöostrogene vorhanden? Neben den Sojaprodukten finden sich diese Substanzen auch in Leinsamen, Kürbis- beziehungsweise Sonnenblumenkernen. Die Konzentration in diesen Lebensmitteln ist allerdings deutlich geringer als jene aus der Sojabohne. Fermentierte Sojaprodukte sind übrigens eine größere Isoflavonoid-Quelle, denn der Fermentationsprozess kann sowohl die Konzentration der Phytoöstrogene erhöhen als auch ihre Bioverfügbarkeit verbessern (Watzl und Leitzmann, 2005; Danz, 2015). Aber wie steht es tatsächlich um die potenzielle Gefahr von Tofu & Co bei Frauen mit hormonabhängigem Tumor? Können diese Produkte in der Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs die Tumorentstehung begünstigen? Experten auf dem Gebiet beschäftigen sich mit dieser Frage.
Phytoöstrogene und Brustkrebs: Das sagt die Wissenschaft
Die Analyse einiger Studien führten Eakin et al. (2015) zu der Aussage, dass der regelmäßige Verzehr von Sojaprodukten keinerlei negative Auswirkungen auf das Erkrankungsrisiko habe beziehungsweise sogar das Wiedererkrankungsrisiko senken kann. Demnach gibt es Hinweise dafür, dass zwischen dem Sojaverzehr und dem Wiederauftreten der Erkrankung eine inverse Korrelation besteht; das heißt, ein regelmäßiger Sojakonsum könne das erneute Auftreten des Tumors verringern und somit einen wertvollen Beitrag in der Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs leisten. Diese Effekte treten aber nur dann auf, wenn Soja in Form von Lebensmitteln, sprich Bohnen, Tofu, Tempeh oder als Sojadrink in moderaten Mengen konsumiert wird; nicht aber in Form von Isoflavon-Isolaten beziehungsweise Nahrungsergänzungsmitteln. Der Begriff „moderat“ bezieht sich auf circa 1-2 Portionen pro Tag, wobei eine Portion z. B. 100 g Tofu oder 250 ml Sojadrink entspricht (Messina, 2016).
Einige Untersuchungen zeigen eine protektive Verbindung zwischen Sojaprodukten und dem Brustkrebsrisiko (Buja et al., 2020).
Untersuchungen haben auch belegt, dass der Verzehr von isoflavonhaltigen Sojaprodukten keinen Einfluss auf Risikomarker für Brustkrebs hat; darunter fällt beispielsweise der Wachstumsfaktor IGF-1 (Nagata et al., 2003). Eine Kohortenstudie zeigte, dass Frauen mit dem höchsten Sojaverzehr ein signifikant reduziertes Brustkrebsrisiko hatten, im Vergleich zu Frauen mit dem niedrigsten Sojakonsum (Kang et al., 2012). Insgesamt ist der aktuelle wissenschaftliche Stand, dass der Konsum von Sojaprodukten mit keinen negativen Auswirkungen auf das Brustkrebsrisiko verbunden ist, er vielmehr sogar das Risiko reduzieren könnte (Mörixbauer, 2019; American Cancer Society, 2019).
Insbesondere Frauen in oder nach den Wechseljahren (Menopause) machen sich bezüglich veganer Ernährung oft Sorgen, um die Isoflavone in Sojaprodukten und ihrem Risiko für Brustkrebs. Die EFSA schließt 2015 aus der aktuellen Studienlage, dass Isoflavone sich nicht negativ auf Brust, Schilddrüse oder Gebärmutter bei postmenopausalen Frauen auswirken (Messina, 2016).
Das gilt für Isoflavone aus Nahrungsmitteln (etwa 100 mg/Tag), für hochdosierte Isoflavon-Supplemente kann keine sichere Aussage getroffen werden, so dass davon bei erhöhtem Brustkrebsrisiko aktuell abgeraten wird und die Isoflavon-Aufnahme über sojahaltige Lebensmittel sicherheitshalber auf 50 mg pro Tag begrenzt werden kann (Messina et al., 2022).
Zusammenfassung: Vegane Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs
Als die häufigste Krebserkrankung unter Frauen kommt dem hormonabhängigen Brustkrebs besondere Bedeutung zu. Vor allem, wenn es um die beeinflussbaren Faktoren geht, mit denen man sich bis zu einem gewissen Grad vor dem Krankheitsgeschehen schützen können. Denn nicht nur Alter, Geschlecht und Genetik fließen in den Entstehungsprozess mit ein; auch die Ernährung spielt eine Rolle. Gemüse und Obst mit den enthaltenen Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen sowie möglicherweise Omega-3-Fettsäuren sind der Schlüssel in der Prävention, wenn es um die vegane Ernährung bei hormonabhängigem Brustkrebs geht.
Bedenken um die Phytoöstrogene aus Sojaprodukten werden von großen Teilen der Wissenschaft entkräftet. Was heißt das konkret? Vollwertige Sojaprodukte sind nicht nur durch ihr hochwertiges Aminosäurespektrum und der Vielzahl an Nährstoffen ein wertvolles Lebensmittel. Der regelmäßige Verzehr von moderaten Mengen an Tofu & Co kann sogar das Risiko für Entstehung und Wiederauftreten von Brustkrebs reduzieren.
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