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Wer aktiv Sport treibt, kann doch essen was er möchte und muss sich um sein Gewicht keine Gedanken machen. Wenn du selbst (Leistungs-)Sportler bist, wirst du jetzt vielleicht denken: Schön wär’s! Denn das Körpergewicht beeinflusst häufig auch die Leistung: Zum einen bedeutet mehr Muskelmasse mehr Kraft, wovon nicht nur Kraftsportler, sondern Sportler aller Sportarten profitieren. Zum anderen erhöht ein leichter, schmaler Körper Wendigkeit, Schnelligkeit und Beweglichkeit allgemein. Das ist besonders für Turner, Läufer und manche Kampfsportler sowie Spielsportler wichtig. Tritt ein Sportler in einer bestimmten Gewichtsklasse an, so ist das Ziel, innerhalb dieser eine möglichst hohe Muskelmasse bei bester Leistung zu haben. „Gewichtsmanagement“ ist also gerade für Sportler ein Thema, welches über Sieg oder Niederlage (mit)entscheidet. Dieser Artikel informiert dich über drei spannende Punkte, die auch für deinen sportlichen Erfolg ausschlaggebend sein könnten.
Wusstest du schon, dass…
Sportler gezielt abwechselnd zu- und abnehmen, um so ihre Leistung lang- und kurzfristig zu verbessern?
Fakt 1: Du kannst als Sportler von einer gezielten Zunahme profitieren
Welche Vorteile bringt eine Gewichtszunahme für Sportler?
Die meisten Menschen denken beim Thema Gewichtsveränderung vor allem an einen Gewichtsverlust. Ein schlanker, durchtrainierter Körper wird mit Sportlichkeit gleichgesetzt. Doch nicht jede Person, die einen sehr niedrigen Körperfettanteil hat, ist auch diejenige, die die beste Leistung bringen kann. Denn ein sehr niedriger Körperfettanteil und/oder eine geringe Energiezufuhr sind sowohl mit gesundheitlichen Nachteilen verbunden als oft auch mit weniger Leistungsfähigkeit. Das Ziel eines Sportlers sollte es also nicht sein, den niedrigsten Körperfettanteil zu erreichen. Denn nicht nur dieser Zustand, sondern auch der Weg dahin, ist für Sportler auf Grund des benötigten Energiedefizits eher nachteilig. Dieses Defizit an Energie bedeutet eben auch, dass weniger Energie für den Sport zur Verfügung steht und damit eine (oft) verringerte Leistung. Ein Energieüberschuss bedeutet das Gegenteil: mehr Energie = mehr Power! Doch nicht nur der Prozess der Zunahme mit mehr verfügbarer Energie kann deine Leistung steigern, auch der Zustand der erhöhten Masse bietet Potenzial für Verbesserung.
Wie du sicher weißt, bedeutet mehr Muskelmasse in der Regel auch mehr Kraft bzw. das Potenzial für mehr Kraft. Das heißt, sowohl Maximal-, Sprung- als auch Schnellkraft oder Kraftausdauer können durch eine Gewichtszunahme in Form von Muskeln steigen – entsprechendes Training natürlich vorausgesetzt. Davon profitieren sowohl Kraftsportler aller Art als auch Spielsportler, Leichtathleten, Läufer, Kämpfer, Schwimmer etc. gleichermaßen. In Kontaktsportarten bedeutet mehr Masse mehr Widerstand, mit welchem man dem Gegner entgegentreten kann.
Bodybuilder streben ganz offensichtlich einen erhöhten Muskelanteil an. Dafür ist zunächst eine Gewichtszunahme (aus Muskeln und Fett) notwendig. Sie nehmen hier eine Sonderrolle unter den Sportlern ein: Denn nach einem Wettkampf ist eine schnelle Zunahme an Körperfett notwendig, um die Gesundheit bestmöglich wiederherzustellen. Bei allen anderen Sportlern hingegen ist das Ziel in der Regel, primär Muskelmasse zuzunehmen. Denn eine Zunahme an Körperfett ist (außer auch hier in Extremfällen mit sehr niedrigem Körperfettanteil) meistens nicht so leistungsfördernd wie eine Zunahme an Muskeln. Zwar lässt es sich nicht vermeiden, auch Körperfett zuzunehmen, der Großteil der Zunahme sollte aber aus Muskeln bestehen. Schon hier wird klar: Es ist von Vorteil, strukturiert an die Sache heranzugehen. Grundlage ist natürlich immer ein progressives Krafttraining. Würde der Sportler lediglich mehr essen, erhöht sich zwar auch die Muskelmasse, aber besser wird die Verteilung mit entsprechendem Krafttraining.
Wie funktioniert die gezielte Gewichtszunahme?
Die Grundlage für die Körpergewichtszunahme ist eine positive Energiebilanz. Das heißt, du musst mehr Energie in Form von Kalorien zu dir nehmen, als du verbrauchst. Das kannst du dir wie auf der in Abbildung 1 dargestellten Waage vorstellen. Um nun vor allem Muskeln zuzunehmen, gehört aber noch mehr dazu. Neben dem gezielten Krafttraining spielen dabei die beiden Faktoren Proteinaufnahme und Zunahmerate eine entscheidende Rolle.
Die Proteinaufnahme sollte bei etwa 1,2 bis 2,5 g pro Kilogramm Körpergewicht liegen, bei einer rein pflanzlichen Ernährung ist es aufgrund der geringeren Proteinverwertbarkeit sicherer, sich eher am oberen Ende zu orientieren und Protein aus verschiedenen Lebensmittelgruppen zu beziehen.
Um zu entscheiden, wie hoch die angestrebte Zunahmerate ausfallen soll, also wie schnell zugenommen wird, kannst du dir folgende Fragen stellen:
- Gibt es ein Zeitlimit, innerhalb dessen ein bestimmtes Gewicht erreicht werden soll?
- Bietet ein etwas größerer Überschuss Vorteile, weil dadurch auch ein höherer Leistungsanstieg in der Zeit des Überschusses zu erwarten ist? Sollen die Vorteile also primär akut durch den Überschuss zustande kommen oder langfristig durch die dazugewonnene Muskelmasse?
- Ist auch eine gewisse Fettzunahme erwünscht bzw. unproblematisch?
- Wie ist der Leistungsstand? Mit zunehmender Trainingserfahrung wird der mögliche Muskelaufbau immer langsamer (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: Empfehlungen für die Gewichtszunahmerate im Rahmen des Muskelaufbaus (Helms et al., 2019).
Trainingserfahrung | Monatliche Gewichtszunahme in Bezug auf das Körpergewicht |
Anfängera | 1-1,5 % |
Intermediateb | 0,5-1 % |
Fortgeschrittenerc | bis zu 0,5 % |
aKann in etwa wöchentlich die Trainingsgewichte erhöhen. bKann in etwa monatlich die Trainingsgewichte erhöhen. cFortschritt wird über mehrere Monate oder von Jahr zu Jahr sichtbar. |
Davon ausgehend berechnest du, wie viel Körpergewicht pro Monat zugenommen werden soll. Um nun zu ermitteln, wie viele Kalorien aufgenommen werden können bzw. sollen, musst du zunächst wissen, mit welcher Energieaufnahme du dein Gewicht hältst. Weißt du das aktuell nicht, bringt das Führen eines Ernährungstagebuchs mit gleichzeitigem Notieren der Körpergewichtsentwicklung über mindestens zwei bis vier Wochen Klarheit. Dabei kannst du die theoretische Annahme zugrunde legen, dass 7000 Kilokalorien einer Gewichtszunahme von 1 kg entsprechen. Damit kannst du zunächst deine Erhaltungskalorien und dann den entsprechenden Kalorienüberschuss berechnen und diesen auf die Woche verteilen. Du wirst feststellen, dass du gar nicht viel mehr Kalorien als sonst benötigst, um langsam zuzunehmen.
Bedenke, dass es sich dabei um Ausgangswerte handelt. Oft geht eine erhöhte Kalorienzufuhr mit einem erhöhten Verbrauch einher. Spätestens, wenn du bereits einiges zugenommen hast (falls das das Ziel ist), wird sich aufgrund des erhöhten Körpergewichts der Energieverbrauch so erhöhen, dass die Zunahme immer langsamer wird. Stagniert die Zunahme, ist es Zeit, die Kalorien weiter zu erhöhen. Später erfährst du dazu noch Genaueres. Jetzt geht es zunächst an die praktische Umsetzung.
Wie kann eine positive Energiebilanz in der Praxis erzeugt werden?
Du weißt nun also, dass du mehr Kalorien zuführen musst als du verbrauchst, um wie geplant zuzunehmen. Vielen fällt es nicht schwer, mehr zu essen. Ein kleiner zusätzlicher Snack oder etwas größere Portionen und schon ist die Kalorienaufnahme erhöht.
Doch wer wenig Appetit hat bzw. einen sehr hohen Energiebedarf, dem kann es Schwierigkeiten bereiten, genug zu essen. Sicherlich kennst du auch eine Person – oder es geht dir selbst so – die glaubt, so viel zu essen und trotzdem nicht zuzunehmen. Nach ein, zwei belegten Broten bekommt sie jedoch keinen Bissen mehr herunter.
Weitere Schwierigkeiten, die in der Phase des Muskelaufbaus die ausreichende Kalorienaufnahme erschweren können, sind zum einen, dass im Sportler-, Arbeits- und Familienalltag oft nicht viel Zeit zum Essen bleibt. Zudem ist es im Training hinderlich, wenn der Körper mit Verdauen beschäftigt ist und ein stark gefüllter Magen sorgt für Unwohlsein bei Bewegung. Daher sind die geschickte Verteilung der Mahlzeiten sowie die Lebensmittelauswahl entscheidend. Die größeren Mahlzeiten sollten nicht zu nah vor dem Training liegen. Wie weit entfernt sie sein sollten, ist individuell. Die letzte Hauptmahlzeit mit Ballaststoffen, komplexen Kohlenhydraten und Fett zwei bis drei Stunden vorher zu essen, ist eine gute Orientierung. Kurz vor dem Training können dann bei Bedarf Kohlenhydratlösungen aus Glukose, Fruktose, Maltodextrin etc. die Energieaufnahme erleichtern.
Ansonsten gilt: Setze auf energiedichte Lebensmittel! Also solche, die bei wenig Volumen viele Kalorien liefern und dabei nicht belasten und wenig sättigen. Dazu gehören beispielsweise:
- Fette und Öle über Gerichte, zum Anbraten (kurz vor dem Training weniger gut geeignet)
- fettreiche Lebensmittel wie Nüsse, Samen und entsprechendes Mus (kurz vor dem Training weniger gut geeignet)
- Fleischalternativen sind oft kaloriendicht
- Brot allgemein (Vollkornprodukte sind kurz vor dem Training weniger gut geeignet)
- Weißmehlprodukte (Gebäck, Nudeln)
- Reis
- Soßen, Suppen, Brotaufstriche (können unterschiedlich reichhaltig gestaltet werden)
- Smoothies
- Shakes (z. B. Banane, Pflanzendrink, Kakao, Proteinpulver, Nussmus, Haferflocken – je nach Bedarf individuell gestalten)
- Süßigkeiten, Chips und Co., Käse-/Sahnealternativen, kalorienhaltige Getränke, isolierte Kohlenhydrate (je nach Nährwerten zu manchen Zeitpunkten mehr oder weniger gut geeignet).
Letztere sollten selbstverständlich nicht den Hauptteil der Ernährung darstellen, sondern dienen als Ergänzung, wenn der Bedarf an Mikronährstoffen und Ballaststoffen gedeckt ist.
Wer seine Kalorien trackt (zählt), kann mit diesen Lebensmitteln seine Kalorienaufnahme gezielt erhöhen. Wer nicht zählen möchte, kann die Lebensmittel vermehrt in die Ernährung einbauen, wenn eine Zunahme sonst schwerfällt. In diesem Fall kann allerdings Vorsicht geboten sein. Denn je nachdem, wie man vorher gegessen hat und wie ausgeprägt das Sättigungsgefühl ist, kann es unbewusst schnell zu einer sehr hohen Kalorienaufnahme und damit einer unerwünscht schnellen Gewichtszunahme kommen – oder sie bleibt aus, weil man seine gesamte Ernährung dennoch zu kalorienarm gestaltet. Daher ist es ohne Kalorienzählen besonders wichtig, die Veränderung der Körperzusammensetzung im Blick zu behalten.
Wie misst du deine Fortschritte?
Besonders, wenn ein Zeitlimit besteht, ist es wichtig, die Fortschritte festzustellen, um bei Stillstand oder zu schneller Zunahme eingreifen zu können. Doch auch sonst möchtest du natürlich wissen, ob alles in die richtige Richtung geht und du deinen Zielen näher kommst. Das gilt für jedes Ziel bezüglich der Körperzusammensetzung: Abnahme, Zunahme oder Erhalt. Es gibt mehrere Methoden, um den Verlauf zu beobachten. Sie alle haben ihre Schwächen. Kennst du diese, so kannst du die Ergebnisse entsprechend interpretieren. Am besten ist es, mehrere Methoden zu kombinieren. Tabelle 2 zeigt dir mögliche Methoden.
Tabelle 2: Methoden zur Verlaufskontrolle.
subjektiv | objektiv |
Hunger-, Sättigungsgefühl | Waage (Körpergewicht) |
Heißhunger | Maßband (Umfänge) |
Müdigkeit | Kaliper (Hautfaltendicke) |
Leistungsfähigkeit | Blutparameter (z. B. Vitamine, Minerealstoffe, Hormone, Entzündungsmarker) |
gastrointestinale Beschwerden | Puls, Blutdruck |
Schmerzen | Schlaf |
Spiegelbild | Leistungsparameter (Kraftmessungen, Lauf-, Reaktionsgeschwindigkeiten, Poweroutput, Laktatansammlung, sportartspezifische Parameter) |
Fotos und Videos | |
Stimmungslage |
Wie du siehst, geht es nicht nur darum, sichtbare Veränderungen zu dokumentieren, sondern auch die subjektiven Aspekte, die beispielsweise die Gefühlslage betreffen. Denn diese Faktoren bestimmen zum einen mit, ob man durchhält. Zum anderen steht bei Sportlern die Leistungsfähigkeit an oberster Stelle. Was nützt es, wenn die Umfänge geringer werden, aber man gleichzeitig dauermüde ist und dadurch im Training nicht die gewünschte Leistung abrufen kann? Andererseits stellen die subjektiven Parameter auch eine Ergänzung dar, um Körpergewichtsveränderungen zu erkennen und das Vorgehen gegebenenfalls anzupassen. Denn wenn trotz einer Gewichtszunahme auf der Waage Hunger dein ständiger Begleiter ist, so ist die Zunahme vielleicht primär auf Wassereinlagerungen zurückzuführen oder aber deine Lebensmittelauswahl hat noch Optimierungspotenzial. In dem Fall muss individuell geschaut werden, woran es liegt und entsprechende Anpassungen getroffen werden.
Zurück zu den objektiven Messmethoden: Als erstes fällt einem meist die Waage ein. Sie zeigt Gewichtsveränderungen direkt an. Das Problem: Es wird nicht deutlich, worin diese Veränderungen begründet sind. Denn dein Gewicht schwankt täglich. Besonders problematisch wird es, wenn man sich einmal in der Woche wiegt und den angezeigten Wert mit dem der letzten Woche vergleicht. Wenn du Pech hast, vergleichst du den höchsten Wert der letzten Woche mit dem niedrigsten der aktuellen (oder andersrum). Die Lösung: Wiege dich täglich morgens nüchtern unter den gleichen Bedingungen, bilde am Ende der Woche den Durchschnitt und beobachte die Tendenz über mehrere Wochen bzw. Monate.
Du fragst dich, woher diese Schwankungen von bis zu mehreren Kilos kommen? Sie sind primär auf variierenden Mageninhalt und Wasser im Körper zurückzuführen.
Der Mageninhalt wird beeinflusst durch:
- Nahrungsvolumen (Energiedichte)
- Ballaststoffanteil in der Ernährung (sie verzögern die Darmentleerung).
Der Wassergehalt im Körper wird beeinflusst durch:
- Kohlenhydratanteil in der Ernährung (1 g Glykogen bindet bis zu 4 g Wasser)
- Ballaststoffanteil in der Ernährung (unlösliche Ballaststoffe binden Wasser)
- Salzkonsum (bindet Wasser)
- hitzebedingte Wassereinlagerungen
- trainingsbedingte Wassereinlagerungen
- stressbedingte Wassereinlagerung
- andere hormonell bedingte Wassereinlagerungen (z. B. im Laufe des Menstruationszkluses)
- krankheitsbedingte Wassereinlagerungen (Infekte etc.)
- Aufnahme bzw. Absetzen der Kreatineinnahme.
Dadurch kann es zu einer Gewichtszu- oder -abnahme kommen, ohne dass sich etwas am Körperfettanteil geändert hat. Dies sollte man bedenken. Ähnliches gilt auch für die anderen Methoden. Denn Wassereinlagerungen und erhöhtes Nahrungsvolumen beeinflussen z. B. auch Körperumfänge, durch Wassereinlagerungen sieht man weniger definiert aus – und es liegt nahe, dafür eine Fettzunahme verantwortlich zu machen. Sind die Glykogenspeicher durch erhöhte Kohlenhydrataufnahme vermehrt gefüllt, kann dies den Muskel praller aussehen lassen und so einen Muskelaufbau vortäuschen. Besonders bei der gezielten Gewichtszunahme durch Muskelaufbau, sind die wöchentlichen Zunahmen kaum mess- oder sichtbar. Hier sind Geduld und Vertrauen gefragt. Ein geschulter Ernährungsberater kann mit seinem objektiven Blick dazu beitragen, keine voreiligen Entscheidungen zu treffen.
Du siehst, eine gezielte Körpergewichtszunahme ist für Sportler oft positiv – ob temporär, um anschließend wieder Körperfett zu reduzieren oder dauerhaft. Das Ziel, in eine niedrigere Gewichtsklasse zu wechseln, welches viele Sportler anstreben, ist nicht immer die beste Wahl.
Fakt 2: Mittels des „Gewichtmachens“ können Sportler innerhalb kürzester Zeit ihr Körpergewicht ohne Kaloriendefizit reduzieren
Für die Körperfettreduktion ist also das Kaloriendefizit entscheidend. Dabei ist eine Veränderung auf der Waage oft auf Variationen in Mageninhalt und Körperwasser zurückzuführen. Ist das Ziel eine Körperfettreduktion oder der Muskelaufbau, musst du dies bedenken. Dann ist die Waage allein nicht uneingeschränkt geeignet, um Fortschritte zu erkennen. Doch manchmal kann es dem Sportler auch nur darum gehen, auf der Waage eine bestimmte Zahl zu sehen. Das ist nämlich immer dann der Fall, wenn er in einer bestimmten Gewichtsklasse startet, z. B. in Kampfsport- oder Kraftsportarten. Dabei treten Sportler in unterschiedlichen Gewichtsbereichen gegeneinander an, um eine bessere Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Auch wenn der Erfolg letztlich durch viele Faktoren beeinflusst wird, ist der Sportler, der innerhalb der Gewichtsspanne den höchsten Muskelanteil hat, in der Regel im Vorteil.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Es gibt die Gewichtsklasse, in welcher Athleten mit einem maximalen Körpergewicht von 81 kg starten, darunter liegt die Gewichtsklasse bis 75 kg. Athlet A wiegt normalerweise morgens nüchtern 76,5 kg, Athlet B 83 kg. Beide starten in der Gewichtsklasse bis 81 kg. Athlet A kann morgens vor der Waage noch etwas essen und wiegt mit 77,5 kg ein, Athlet B macht 3 Tage einen Gewichtscut, isst nichts vor der Waage und wiegt mit 82,5 kg ein, dann isst und trinkt er, bis er zwei Stunden später startet. Bei gleichem Körperfettanteil hat Athlet B mehr Muskelmasse und ist demnach vermutlich im Vorteil. Vorteil für Athlet A: Er hat sein gewohntes Körpergewicht, gefrühstückt und sich die drei Tage vorher wie sonst auch ernährt.
Denn der Gewichtscut geht mit dem Risiko einer verringerten Leistungsfähigkeit einher. Ob diese eintritt – und wenn ja, wie groß sie ist, – ist abhängig von individuellen Faktoren, dem Ausmaß des Gewichtsverlustes und dem Vorgehen. Denn wie du gleich erfahren wirst, können eine geringere Kohlenhydrataufnahme, Dehydration (Wassermangel) und/oder ungewohnte Körperproportionen, dadurch ungewohnt sitzendes Equipment etc. die Leistung beeinflussen.
Doch trotz dieser möglichen Nachteile wird das Gewichtmachen von vielen Athleten genutzt. Die potenziellen Benefits und Risiken müssen also abgewogen werden: Wie wahrscheinlich ist es, dass der Athlet dadurch eine bessere Platzierung erlangt? Mit der Wahl der richtigen Methode(n) kann man das Risiko für Leistungsminderungen minimieren. Eine pauschale Empfehlung lautet, bei zwei Stunden Abstand zwischen Waage und Wettkampf nicht mehr als 3‑5 % des Körpergewichtes zu reduzieren (Helms et al., 2019).
Welche Methoden gibt es?
Wie du weißt, beeinflussen vor allem der Mageninhalt sowie der Wassergehalt des Körpers die Zahl auf der Waage. Um eine wirkliche Körperfettreduktion oder Muskelaufbau auf der Waage erkennen zu können, müsste man diese beiden Faktoren möglichst konstant halten. Um also nun die Angabe der Waage zu senken, ohne wirklich Körperfett zu reduzieren, verändert man eben diese Variablen. Man kann folgende fünf Ernährungsmaßnahmen unterscheiden:
Ballaststoffcut
Dabei hältst du zwei bis vier Tage vor dem Wettkampf deine Ballaststoffaufnahme möglichst gering. Das heißt, du wählst ballaststoffarme Lebensmittel wie Weißmehlprodukte, weißen Reis, Reiswaffeln, Schokolade, Pudding, Gummibärchen, Säfte, Softdrinks, Öle und Fette, Nussmus etc. Proteinpulver, Seitan und Tofu können die Proteinaufnahme sicherstellen, achte auch hier auf den Ballaststoffgehalt. Versuche dabei aber, deine Makronährstoffaufnahme möglichst nicht zu stark vom Gewohnten abweichen zu lassen. Denn sehr viel mehr Fett kann zu gastrointestinalen Beschwerden führen und die damit einhergehende Kohlenhydratreduktion kann (je nach Sportart) die Leistungsfähigkeit reduzieren. Ansonsten wird die Leistungsfähigkeit durch diese Methode in der Regel kaum beeinträchtigt.
Reduziertes Nahrungsvolumen
Um das Nahrungsvolumen und damit den Mageninhalt zu reduzieren, greifst du auf energiedichte und wasserarme Lebensmittel zurück. Versuche auch hier, die Makronährstoffaufnahme möglichst wie gewohnt weiterzuführen. Dann kannst du auch damit deine Leistungsfähigkeit weitgehend aufrechterhalten.
Verringerter Kohlenhydratanteil
Hier beginnst du etwa eine Woche vor dem Wettkampf, den Kohlenhydratanteil schrittweise zu reduzieren, indem du kohlenhydratarme Lebensmittel bevorzugst. Im Gegensatz zu den ersten beiden Methoden ist das Risiko einer Leistungsminderung durch die geringe Kohlenhydrataufnahme und die geleerten Glykogenspeicher erhöht – wie stark, ist auch abhängig von der Sportart. Achte besonders bei dieser Methode auf eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme nach der Waage, denn durch die sich leerenden Glykogenspeicher kommt es zu Wasserverlusten im Körper. Das bewirkt zwar den gewünschten Gewichtsverlust, aber birgt auch die Gefahr der Leistungsminderung durch Dehydration.
Watercut mit Waterload
Eigentlich offensichtlich: Um den Wassergehalt im Körper zu reduzieren, wird die Flüssigkeitsaufnahme verringert. Das heißt, eine gewisse Zeit vor der Waage wird das Trinken stark reduziert oder komplett eingestellt. Dadurch kann man das Körpergewicht schon ein Stück reduzieren. Kombiniert mit einem Waterload, erhöht sich der Effekt – wenn erfolgreich. Dafür erhöhst du zunächst einige Tage vor der Waage deine Flüssigkeitszufuhr stark in Abhängigkeit vom Körpergewicht bzw. der regulären Trinkmenge. Was dann passiert, kannst du dir denken: Die Flüssigkeitsausscheidung erhöht sich. Ein bis zwei Tage vor der Waage reduziert man die Aufnahme wieder und schränkt sie schließlich stark ein. Da die Regulationsmechanismen des Flüssigkeitshaushaltes nicht so schnell greifen, scheidet man weiterhin große Mengen Flüssigkeit aus, auch über das ursprüngliche Maß hinaus – das Körpergewicht sinkt.
Je nach Ausmaß kann dadurch das Risiko einer Leistungsminderung geringer ausfallen als durch eine starke Kohlenhydratreduktion. Auch hier ist es wichtig, dass du nach der Waage ausreichend trinkst und gegebenenfalls Elektrolytverluste durch beispielsweise eine Natriumaufnahme ausgleichst.
Fasten
Beim Fasten isst und trinkt der Athlet einige Zeit vor der Waage gar nicht. Wie lang dieser Zeitrahmen ist, ist abhängig vom notwendigen Gewichtsverlust. 14 Stunden zu fasten ist in der Regel relativ problemlos möglich. Besonders gut geht das natürlich, wenn die Waage morgens liegt und somit ein großer Teil der Fastenzeit in die Schlafenszeit fällt.
Umsetzung des Gewichtscuts
Beim Durchlesen der Methoden hast du bestimmt schon festgestellt, dass sie sich in ihren Effekten teilweise überschneiden und gegenseitig bedingen. Denn pflanzliche ballaststoffarme Lebensmittel sind oft gleichzeitig kohlenhydratarm, kohlenhydratarme Lebensmittel sind reicher an Fett, genauso wie ein niedriges Nahrungsvolumen mit hoher Energiedichte und hohem Fettanteil einhergeht. Deswegen kommt es auch zu den genannten möglichen Veränderungen in der Makronährstoffaufnahme, wenn man nicht gezielt darauf achtet.
Welche Methoden solltest du nun verwenden? Ist es am besten, alle anzuwenden für bestmögliche und sichere Erfolge? Pauschal lässt sich das so nicht sagen. Generell ist es aber am besten, so wenig wie möglich einzugreifen, um potenzielle Leistungseinbußen möglichst gering zu halten. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der angestrebte Gewichtsverlust nicht besonders hoch ist. Die Methoden, das Nahrungsvolumen sowie den Ballaststoffanteil der Nahrung zu reduzieren, beeinträchtigen die Leistung in der Regel am wenigsten. Je nachdem, wie die Ernährung des Sportlers normalerweise gestaltet ist, kann darüber schon ein beträchtlicher Teil Gewicht reduziert werden. Einige Stunden vor der Waage nicht zu essen und eventuell eine gewisse Zeit davor auf das Trinken zu verzichten, kann dies bei Bedarf gut ergänzen.
Eine mehr oder weniger starke Kohlenhydratreduktion die Tage davor erhöht die Gefahr der Leistungsminderung. Ein Watercut mit Waterload kann ziemlich unangenehm sein und ist bei längerer Anreise oft unpraktisch. Die Reaktionen auf die Maßnahmen können aber individuell ausfallen, sowohl was die Gewichtsreduktion als auch die Auswirkungen auf die Leistung betrifft.
Ziel ist es, möglichst wenige der Methoden anzuwenden und die Glykogen- und Flüssigkeitsspeicher möglichst rasch nach der Waage wieder aufzufüllen sowie Elektrolytverluste ausgleichen. Dann kann der Gewichtscut erfolgreich sein und dem ein oder anderen Athlet bestenfalls zu einer Platzierung verhelfen (Helms et al., 2019).
Fakt 3: Ein strikter Ernährungsplan ist (auch) für Sportler nicht immer die beste Wahl
„Ach, du bist Ernährungsberater? Kannst du mir auch mal einen Ernährungsplan erstellen?“
„Puh, als Sportler musst du dich ja immer an einen genauen Ernährungsplan halten – ich könnte das ja nicht.“
Als Berater bzw. Athlet hast du diese oder ähnliche Sätze wahrscheinlich schon mal gehört. Viele Menschen sind der Ansicht, dass ein Ernährungsplan, der genaue Vorgaben zu den Lebensmitteln, den Mengen und den Zeitpunkten der Nahrungsaufnahme das Nonplusultra wäre, um Körpergewichts- und Leistungsziele zu erreichen. Doch ist das wirklich so?
Vorteile eines strikten Ernährungsplans
Ein solcher Ernährungsplan kann in bestimmten Situationen durchaus sinnvoll sein. Vor allem in der direkten Wettkampfvorbereitung greifen gerade Bodybuilder gern darauf zurück. Denn wenn es auf jedes Gramm auf der Waage ankommt bzw. unerwartete körperliche Reaktionen auf ein Lebensmittel vermieden werden müssen, ist es hilfreich, die Lebensmittelauswahl zu beschränken und konstant zu halten.
Ein weiterer Vorteil: Der Plan nimmt Entscheidungen ab. Eine ungünstige Lebensmittelauswahl wird verhindert, die zeitlichen und mentalen Ressourcen, die in dieser Phase sowieso schon knapp sind, werden geschont. Ein Plan gibt Routine und Sicherheit und erleichtert somit das Durchhalten. Sind individuelle Vorlieben und Bedürfnisse des Athleten bekannt, so kann der Plan daran angepasst werden. Frei nach dem Motto „Never change a running system“ werden dann täglich die gleichen Lebensmittel gegessen, von denen bekannt ist, dass sie gut sättigen, Heißhunger vermeiden oder stillen und die sich für den Athleten als gut verträglich erwiesen haben.
Doch die Vorbereitung für einen Bodybuilding-Wettkampf nimmt im Sportlerleben einen verhältnismäßig geringen Anteil ein. Wer kein Bodybuilder ist, macht solch extreme Diäten in der Regel nicht. Zwar empfinden manche Sportler bei ihren weniger extremen Diäten solche Pläne ebenfalls als hilfreich, doch ist das wirklich notwendig? Gibt es vielleicht sogar Nachteile? Was ist, wenn der Sportler nicht auf strenger Diät ist?
Nachteile eines strikten Ernährungsplans
Ein Plan mit genauen Lebensmittelvorgaben, der tagtäglich eingehalten wird, bringt die Gefahr der unzureichenden Mikronährstoffaufnahme mit sich. Auch kann es dazu kommen, dass die nicht verzehrten Lebensmittel, isst man sie dann doch wieder, (zeitweise) nicht mehr vertragen werden.
Zudem können die geringe Abwechslung und die starken Einschränkungen eine langfristige Adhärenz (also wie sehr sich der Sportler an die Vorgaben hält) erschweren. Die Teilnahme an sozialen Events und spontanes Essen sind nicht möglich.
Auch erhöhen solche Pläne das Risiko, ein gestörtes Essverhalten zu entwickeln: Zum einen können Lebensmittel, welche im Plan nicht vorgesehen sind, als „schlecht“ und „verboten“ angesehen werden, zum anderen reagiert der Athlet vielleicht über, wenn der Plan mal nicht befolgt werden kann. Events, die das Einhalten des Plans verhindern bzw. stark erschweren, werden umgegangen, was wiederum das Sozialleben stark einschränken kann. Der Alltag muss genau durchgeplant sein, das Essen immer vorbereitet werden. Das bedeutet einen gewissen Zeitaufwand und bringt (mentalen) Stress mit sich.
Diese Einschränkungen sind aber unnötig. Denn der Bedarf an Makro- und Mikronährstoffen kann durch zahlreiche unterschiedliche Zusammenstellungen von Lebensmitteln gedeckt werden. Das heißt: Wer sich an die Vorgaben zur Makro- und Mikronährstoffaufnahme hält, ist gut versorgt und hat mehr Flexibilität. Dieser logische Fakt zeigte sich auch in einer Untersuchung, in welcher Sportler während einer Diät über zehn Wochen entweder einem strikten Plan oder Makronährstoffvorgaben folgten. Am Ende zeigte sich kein Unterschied in der Veränderung der Körperzusammensetzung zwischen den beiden Gruppen (Conlin et al., 2016).
Generell haben Sportler oft einen höheren Energiebedarf und daher mehr „Spielraum“ in ihrer Ernährung als Menschen mit wenig Bewegung. Zudem haben sie oft bereits ein gutes Ernährungswissen – beides Gründe, warum ein genauer Plan für sie weniger wichtig ist.
Alternativen zu strikten Ernährungsplänen
Wer sich mehr Flexibilität wünscht und dennoch seine Nährstoffaufnahme kontrollieren möchte, kann folgende Methoden anwenden. Auch sie unterscheiden sich in ihrer Genauigkeit sowie dem Grad der Flexibilität. Je nach Vorkenntnissen, Vorlieben und Zielen kann eine besser geeignet sein als die andere.
Baukastenpläne
Bei Baukastenplänen sind Lebensmittelgruppen oder Makronährstoffquellen mit beispielhaften Lebensmitteln in Tabellen- oder Listenform vorgegeben. Der Athlet wählt die Lebensmittel aus, welche er konsumieren möchte. Damit erhöhen sich Flexibilität und Abwechslung, gleichzeitig ist die Kontrolle der Nährstoffaufnahme aber geringer, da sich die Lebensmittel teilweise mehr oder weniger stark in ihrer Nährstoffzusammensetzung und im Energiegehalt unterscheiden können. Ein Beispiel dafür siehst du in Tabelle 1.
Tabelle 1: Beispielhafter Baukastenplan in Tabellenform
Gemüse | Obst | Getreide | Hülsenfrüchte | Nüsse, Samen | Milchersatz | |
Frühstück | 1 Portion | 100 g roh | 20 g | 1 Portion | ||
Mittagessen | 300 g | 100 g roh | 150 g roh | |||
Abendessen | 300 g | 100 g roh | 150 g roh | 15 g | ||
Snacks | 10 g | 2 Portionen | ||||
Lebensmittel | Brokkoli
Rucola Spinat Paprika Spargel … |
Himbeeren
Brombeeren Erdbeeren Bananen Äpfel … |
Haferflocken
Dinkel Reis Quinoa Buchweizen … |
Bohnen
Linsen Kichererbsen Soja Tempeh … |
Leinsamen
Hanfsamen Chiasamen Walnüsse Cashews … |
Pflanzendrink
Pflanzenjoghurt Pflanzencuisine |
Makronährstofftracking
Bei dieser Methode hat der Athlet lediglich Vorgaben bezüglich seiner Makronährstoffaufnahme. Um diese zu befolgen, dokumentiert er alle Lebensmittel, die er konsumiert, mit Hilfe einer App und passt seine Lebensmittelauswahl so an, dass er die Vorgaben erreicht. Je nach gewünschter Genauigkeit, Erfahrung und Situation wiegt er die verzehrten Lebensmittel ab, schätzt die Mengen oder verwendet die Mengenangaben auf der Verpackung. Um sicherzustellen, dass der Mikronährstoffbedarf gedeckt ist, kann man zusätzlich Ziele für den Gemüse- und Obstkonsum, maximale Mengen mikronährstoffarmer Lebensmittel und/oder Vollkornanteile etc. festlegen. Je nach Bedarf beziehen sich die Vorgaben entweder auf eine Mahlzeit, einen Tag oder eine Woche.
Mit dieser Methode ist auch das Auswärtsessen über Schätzen gut möglich, die Flexibilität ist gegeben bei gleichzeitig hoher Genauigkeit in der Kontrolle der Nährstoffaufnahme. Auch hier besteht aber die Gefahr, dass es zu obsessivem Verhalten kommt und Panik, wenn das Abwiegen nicht möglich ist bzw. der Nährstoffgehalt der Mahlzeit nicht bekannt.
Essen ohne genaue Zahlen
Manche Athleten kommen mit dem Essen nach Plan oder dem Tracken ihrer Ernährung sehr gut klar, andere fühlen sich dadurch eingeschränkt und neigen zu ungesundem Essverhalten. Geht es also auch komplett ohne Vorgaben? Einfach essen nach Hunger und Appetit? Das ist meist recht schwierig, wenn bestimmte Ziele angestrebt werden. Die hohen Zahlen übergewichtiger Menschen zeigen, dass es in der heutigen Zeit mit ständiger Verfügbarkeit energiedichter Lebensmitteln schwierig ist, auf diese Weise sein Gewicht im Normalbereich zu halten. Sportler haben natürlich das gleiche Problem. Hinzu kommt, dass für sie oft eine genaue Nährstoffaufnahme zu bestimmten Zeitpunkten wichtig ist. Sie müssen auch essen, wenn sie keinen Hunger haben, und haben teilweise extreme Ziele, die ein Essen über und unter dem Bedarf erfordern und somit gegen das „natürliche“ Hungergefühl gehen.
Das macht es für sie noch schwerer als für Nicht-Sportler, komplett ohne Ernährungsvorgaben ihre Ziele zu erreichen und sich nur auf ihr Hungergefühl zu verlassen. Dennoch ist es empfehlenswert, wenn der Athlet Tendenzen zu obsessivem und gestörtem Essverhalten aufweist, die Vorgaben (zeitweise) lockerer zu gestalten. Voraussetzung ist, dass er Erfahrung mit dem Tracken hat bzw. ein gewisses Ernährungswissen vorhanden ist und dass vielleicht gerade kein bestimmtes Gewichtsziel in festgelegter Zeit erreicht werden soll. Denn wer eine Zeit lang seine Lebensmittelaufnahme trackt, gewinnt häufig ein Gefühl dafür, wie er seinen Bedarf decken kann.
Manche Athleten können also allein mit ihrem Wissen und durch das Essen nach Gefühl ihr Gewicht gut kontrollieren. Anderen fällt dies schwerer. Sie können von zusätzlichen Vorgaben profitieren. Alternative Methoden, um ohne genaue Zahlen das Körpergewicht bzw. die Nährstoffaufnahme zu kontrollieren, umfassen:
- nur Kalorien tracken und/oder Protein
- Regeln zu Anteilen je Mahlzeit von beispielsweise Gemüse, primären Kohlenhydrat- oder Proteinquellen, je nach Mahlzeit/Ziel
- Vorgabe von Obst- und Gemüseportionen pro Tag
- Vorgabe zu Anzahl und Kombination der Proteinquellen
- feste Mahlzeitenstruktur
- zur Anpassung der Gewichtsveränderung kaloriendichtere bzw. weniger kaloriendichtere Lebensmittel wählen und/oder nach den Mahlzeiten ein höheres/niedrigeres Völlegefühl anstreben
- hat man einmal mehr bzw. sehr kaloriendicht gegessen, wählt man den Rest des Tages/der Woche bewusst entsprechend weniger kalorienreiche Lebensmittel.
Auf diese Weise ist der Athlet flexibler (auch mental) und gerade nach Zeiten strikter Kontrolle kann sich dadurch das Verhältnis zum Essen entspannen, man erholt sich quasi, um später gegebenenfalls wieder strenger vorgehen zu können.
Die zur Bedarfsdeckung notwendige Lebensmittelauswahl kann dem eigenen Hungergefühl und Appetit mehr oder weniger stark entsprechen. Je nachdem müssen auch die Vorgaben mehr oder weniger ausgeprägt sein und demzufolge unterschiedlich viele bewusste Entscheidungen notwendig sein. Es geht hier also oft weniger darum, einfach nach Lust oder Hunger zu essen, sondern die Lebensmittelauswahl findet dennoch bewusst statt und erfordert Hintergrundwissen.
Die Angst, dabei unkontrolliert ab- oder zuzunehmen ist unbegründet. Denn indem du gleichzetig die Waage und andere Parameter (wie Kaliper- oder Umfangmessung) beobachtest, kannst du bei unerwünschten Veränderungen Anpassungen vornehmen. Wer ungewollt zunimmt, bevorzugt dann beispielsweise mehr kalorienärmere Lebensmittel, wer unbeabsichtigt abnimmt, setzt ggf. auf kaloriendichtere Lebensmittel. Ein strikter Ernährungsplan ist also nicht notwendig und oft auch nicht empfehlenswert. Welche Methode der Sportler nutzt, um seine Nährstoffaufnahme und damit Leistung sicherzustellen, ist von der individuellen Situation abhängig.
Wichtig: Diese Methoden dienen nicht der Behandlung einer klinischen Essstörung. In solchen Fällen muss eine medizinische Behandlung durch entsprechende Fachkräfte erfolgen!
Fazit
Körpergewicht und Leistung stehen für Sportler in engem Zusammenhang. Daher kann das Gewichtsmanagement (zeitweise) von großer Bedeutung für sie sein. Das bedingt eine sorgfältige Planung, denn im Gegensatz zu Nicht-Sportlern, müssen Athleten vor allem ihre Leistungsfähigkeit im Training aufrechterhalten und oft gibt es ein bestimmtes Datum, an welchem das Ziel erreicht sein muss.
Auch wenn viele etwas Angst davor haben: Als Sportler profitierst du von einer phasenweisen oder dauerhaften Gewichtszunahme. Eine kurzfristige Gewichtsreduktion vor dem Wettkampf hingegen, kann die relative Leistung verbessern und damit die Chance auf eine Platzierung erhöhen. Diese Methode des Gewichts-Cuttings sollte immer durchdacht angegangen werden, um wirklich davon zu profitieren und Nachteile für Gesundheit und Leitung zu vermeiden. Gerade bei extremen Gewichtsveränderungen kann ein Ernährungsplan hilfreich sein. Auf Dauer können durch die damit einhergehende Restriktion aber physiologische und mentale Probleme bereiten. Dann ist mehr Flexibilität notwendig und auch durchaus möglich. Mit dem Wissen über diese drei Aspekte bist du gut aufgestellt, um die langfristige Leistungsfähigkeit und Gesundheit im Sportlerdasein sicherzustellen.
Leona Lauter meint
Also dass Gewichtmachen als einer der Schlüssel für ein gutes Gewichtmanagement im Sport überhaupt aufgelistet ist, finde ich sehr problematisch. Die Methoden sind alle kurzfristig, teilweise gesundheitsgefährdend und nur für spezielle Fälle im Leistungssport. Meiner Ansicht nach spricht dieser Artikel (bzw. Abschnitt 2) sehr gegen euren ganzheitlich gesunden Ansatz.
Isabel Bernhauser meint
Hallo liebe Leona,
danke für deinen Kommentar.
Das Gewichtmachen ist für spezielle Fälle im Leistungssport gedacht und das ist Thema dieses Artikels. Das kurzfristige Gewichtmachen ist Part des Leistungssports und kann in ausgewählten Fällen sinnvoll sein bzw. eingesetzt werden. Wir betonen jedoch gleichzeitig, dass es sich dabei nicht um eine nachhaltige Gewichtsreduktion handelt. In jedem Fall sollten dabei immer die Vor- und Nachteile abgewogen werden.
Wenn du am Thema Gewichtsreduktion und allgemein am Gewichtsmanagement interessiert bist, dann könnten dich dieser sowie dieser Artikel interessieren.
Ich hoffe, dies hilft dir weiter. 🙂
Herzliche Grüße
Isabel