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Wir sind es gewohnt, rund um die Uhr Essen zur Verfügung zu haben. Das wird als ein Grund für die steigenden Zahlen an übergewichtigen Menschen gesehen. Intervallfasten in unterschiedlichen Formen wird mitunter als die Lösung zum Abnehmen und Bauchfett reduzieren angepriesen. Wie von selbst sollen die Pfunde dahinschmelzen. Wir haben uns die Studienlage diesbezüglich angesehen und klären deine Fragen.
Wie funktioniert Intervallfasten?
Es gibt unterschiedliche Formen des Intervallfastens. Für alle gilt, dass die Zeit der Nahrungsaufnahme beschränkt ist: die sogenannten Essensfenster. Das können bestimmte Zeiträume (häufig 6 oder 8 Stunden) innerhalb eines Tages sein. Teilweise gibt es auch ganze Fastentage, an denen nicht oder nur sehr wenig gegessen wird, die sich dann mit zwei Tagen „normaler“ Nahrungsaufnahme abwechseln. Wahlweise werden an zwei Tagen in der Woche nur 25 % des Energiebedarfs aufgenommen, während an den übrigen fünf Tagen der Energiebedarf komplett gedeckt wird. Tabelle 1 zeigt verschiedene Formen des Intervallfastens.
Tabelle 1: Verschiedene Formen des Intervallfastens (nach Attinà et al., 2021).
Fastenvariante | Merkmale | gängige Methoden |
time-restricted eating (TRE) | Nahrungsaufnahme nur in einem beschränkten Zeitfenster (Konsumphase); in der Fastenphase sind nur ungesüßte Getränke erlaubt. | 16:8-Diät
14:10-Diät 18:6-Diät |
alternate day fasting (ADF) | Jeden zweiten Tag oder an bestimmten Tagen der Woche wird gefastet, also komplett auf Nahrung verzichtet. An Nicht-Fastentagen wird nach Belieben gegessen. | ADF
MADF: hier darf an den Fastentagen bis zu 500 kcal aufgenommen werden |
5:2-Diät | An fünf Tagen wird nach Belieben gegessen. An den zwei übrigen Tagen wird nur etwa 25 % der benötigten Gesamtenergiezufuhr eingenommen | 5:2-Diät mit 15 bis 25 % der benötigen Gesamtenergiezufuhr |
Von dem Konzept des intermittierenden Fasten ist das sogenannte „Heilfasten“, etwa Fasten nach Buchinger, abzugrenzen. Letzteres dient vor allem mentalen Komponenten oder wird unter ärztlicher Aufsicht bei bestimmten Erkrankungen im Rahmen ergänzend zum Therapiekonzept eingesetzt. Dabei kann, vor allem aufgrund des Gewichtsverlusts, aber auch der ausbleibenden Nahrungszufuhr (vorübergehend) teilweise eine Verbesserung metabolischer Parameter beobachtet werden (Toledo et al., 2019). Aufgrund der gesundheitlichen Risiken sollte Heilfasten unter ärztlicher Beobachtung erfolgen (Finnell et al., 2018).
Intervallfasten zum Abnehmen
Teilweise behaupten Anhänger, man müsse auf nichts verzichten und könne dennoch abnehmen. Tatsache ist: Intervallfasten kann das Abnehmen für manche Personen leichter machen. Denn das beschränkte Essensfenster limitiert oft automatisch die Kalorienaufnahme. Vor allem, wenn man ganze Tage fastet, wird man in den seltensten Fällen am nächsten Tag doppelt so viel wie gewöhnlich essen. Daher berichten viele Personen, dass sie durch Intervallfasten „einfach“ abgenommen haben.
In Studien zeigen sich jedoch im Durchschnitt keine Vorteile im Vergleich zu einer traditionellen Kalorienrestriktion (Seimon et al., 2015; Erdem et al., 2022). Manchen Personen fällt es mit dieser Methode leichter, das Kaloriendefizit einzuhalten, manchen gelingt es sogar, ohne dass sie bewusst darauf achten, sich einzuschränken. Für andere Personen ist diese Art der Ernährung jedoch schwierig langfristig durchzuhalten (Azevedo et al., 2013; Trepanowski et al., 2017). Es zeigt sich erneut, dass beim Abnehmen im Vordergrund steht, dass das Kaloriendefizit möglichst einfach eingehalten werden kann. Wie das gelingt, ist von Person zu Person unterschiedlich.
Das Essensfenster kann frei gelegt werden. Meist wird die Fastenzeit nach dem Abendessen begonnen, erstreckt sich über die Nacht, das klassische Frühstück wird ausgelassen und die erste Mahlzeit mittags aufgenommen. Du kannst aber zum Beispiel auch am frühen Nachmittag die letzte Mahlzeit aufnehmen und dann morgens frühstücken. Das Essensfenster kann so gelegt werden, dass es in den eigenen Alltag passt.
Für wen ist Intervallfasten zum Abnehmen geeignet?
Wenn du sowieso morgens keinen Hunger hast, ist diese Methode gut geeignet, um die Zeit der Kalorienaufnahme und damit potenziell die Energieaufnahme zu beschränken. Wer nur zwei Mahlzeiten am Ende des Tages isst, nimmt vielleicht eher weniger Kalorien auf als jemand, der drei über den ganzen Tag isst.
Wichtig ist, dass du damit ein Kaloriendefizit erreichst. Denn das ist das Entscheidende für die Gewichtsabnahme (Harvie et al., 2013).
Für wen ist Intervallfasten zum Abnehmen weniger geeignet?
Andere Personen haben morgens großen Hunger, können sich nur schwer konzentrieren ohne Frühstück und wenn es dann zur Essenszeit kommt, nehmen sie vor lauter (Heiß-)hunger große Mengen Nahrung auf. Das Ergebnis: Vielleicht sogar eine höhere Kalorienaufnahme als wenn sie gefrühstückt hätten.
Auch Personen mit Essstörung oder solche, die zu einem essgestörten Verhalten neigen, sollten davon vermutlich absehen. Das Aufsparen von Kalorien kann zu Problemen führen und der Essensfokus ist erhöht. Ein Überessen („Binge Eating“) kann gefördert werden.
Vorteile des Intervallfastens
- Die Zeit der Kalorienaufnahme ist beschränkt, was es erleichtern kann, weniger Kalorien aufzunehmen.
- Eine geregelte Mahlzeitenstruktur kann dadurch eingeführt werden, häufiges Snacken wird reduziert.
- Da Essensverabredungen oft abends stattfinden, kann man trotz Diät eher dabei „normal“ essen, da die Kalorien den Tag über eingespart werden.
- Teilweise wird das Hungergefühl in einer Diät durch kleine Mahlzeiten eher verstärkt als vermindert. Wenn erst später und größere Mahlzeiten gegessen werden, bleibt dies eher aus.
- Es kann helfen, auch ohne Kalorienzählen abzunehmen.
Nachteile des Intervallfastens
- Starker Hunger in der Fastenzeit kann sich negativ auf Leistungsfähigkeit und Laune auswirken.
- Ein Überessen am Abend aufgrund von (Heiß-)Hunger kann gefördert werden.
- Ein essgestörtes Verhalten kann gefördert werden.
- Geringe Flexibilität, wenn Essensverabredungen außerhalb des Essensfensters liegen.
- Teilweise gibt es Hinweise auf negative hormonelle Auswirkungen, vor allem bei Frauen und wenn ein Kaloriendefizit eingehalten wird.
- Für Leistungssportler ist es nur geeignet, wenn die Versorgung rund um das Training garantiert ist. Für den Muskelaufbau ist es eher negativ zu bewerten, da eine regelmäßige Proteinzufuhr wichtig ist.
- Große Portionen können den Verdauungstrakt belasten.
- Bei einigen Nährstoffe ist eine gleichmäßige Aufnahme über den Tag verteilt für die Absorptionsrate vorteilhafter.
Wie gesund ist Intervallfasten?
In Studien zeigte sich, dass die gesundheitlichen Vorteile des Intervallfastens sehr wahrscheinlich auf die dadurch bewirkte geringere Kalorienaufnahme und den damit einhergehenden Gewichtsverlust zurückzuführen sind. Das heißt, man kann seinem Körper damit etwas Gutes tun. Das kannst du aber ebenso über ein anderes Essverhalten mit Kaloriendefizit erreichen. Es gibt Studien, in denen negative Effekte auf den Blutdruck und Blutzucker aufgetreten sind (Liu et al., 2022; Kim et al., 2022). Auch Kopfschmerzen können beim Fasten auftreten.
Die potenzielle Entwicklung eines gestörten Essverhaltens ist ein weiterer gesundheitlicher Aspekt, der bedacht werden sollte. Häufig ist es jedoch auch andersherum: Personen mit gestörtem Essverhalten heben sich den Großteil ihrer Kalorien auf, um dann abends entweder nur sehr wenig oder aber sehr große Mengen essen zu können.
Lebensmittelauswahl und Zusammenstellung beeinflussen, ob es sich um eine gesunde Ernährung handelt – wie bei jeder Ernährungsform. Insbesondere, wenn kein Gewichtsverlust angestrebt wird, und ein hoher Energiebedarf besteht, ist die Gefahr vorhanden, dass dieser durch stark verarbeitete, mikronährstoffarme Lebensmittel gedeckt wird. Denn diese erleichtern es, die benötigten Kalorien aufzunehmen.
Fazit: Intervallfasten
Intervallfasten bzw. intermittierendes Fasten ist eine Möglichkeit, aber keine Garantie zum Abnehmen. Für manche Personen kann es das Einhalten eines Kaloriendefizits erleichtern. Du kannst Intervallfasten auch betreiben, wenn du nicht abnehmen möchtest, aber das Gefühl hast, dass es dir gut tut.
Es scheint zum Abnehmen keine Vorteile gegenüber einer herkömmlichen Kalorienrestriktion zu geben. Auch darüber hinausgehende gesundheitliche Auswirkungen sind nicht zu erwarten. Alle Maßnahmen, die es dir erleichtern, die Diät durchzuhalten, kannst du nutzen – welche das sind, kannst du individuell für dich herausfinden.
Wenn du es ausprobieren möchtest, wähle eine Variante des Fastens, die deine individuellen Umstände und Zielsetzungen berücksichtigt und gib dir ein paar Wochen Zeit zur Eingewöhnung.
Wichtig: Hast du (chronische) Erkrankungen, solltest du die Methode mit dem behandelnden Mediziner absprechen!
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