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Darm in Alarm: Wenn eine gesunde Ernährung mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten und Obst den Bauch zum Rebellieren bringt. Vor allem bei Personen mit Reizdarm kann der hohe Gehalt sogenannter FODMAPs in der veganen Ernährung für Aufruhr sorgen. Deshalb zeigen wir dir, wofür diese kryptische Bezeichnung steht, für wen die FODMAP-arme Ernährung geeignet ist und wie FODMAP und vegane Ernährung unter einen Hut zu bekommen sind.
FODMAPS bedeutet …
- Fruktane, Inulin und Galacto-Oligosaccharide (Oligosaccharide)
- Laktose (Disaccharid)
- Fruktose und Galaktose (Monosaccharide)
- Sorbit, Mannit und Xylit (Polyole)
Beschwerden durch Wasser und Gas
Warum genau manche Menschen mit der Verdauung dieser Kohlenhydrate Probleme haben, während andere sie problemlos vertragen, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Nach aktuellem Wissensstand scheinen FODMAPs den Wassergehalt im Dünndarm zu erhöhen und die Gasbildung im Dickdarm zu verstärken, was bei einigen Personen zu Bauchschmerzen, Blähungen und einem weichen, voluminösen Stuhlgang führen kann (Leiß, 2016; Smollich und Vogelreuter, 2018). Betroffen sind vor allem Personen mit Reizdarm, bei denen selbst geringfügige Veränderungen im Flüssigkeits- oder Gasgehalt im Darm starke Bauchschmerzen, Probleme mit der Darmbewegung, vermehrte Blähungen und ein Völlegefühl auslösen können. Bei gesunden Menschen tritt dies nicht auf (Hauner und Schmidt-Tesch, 2021).
Ein stufenweiser Prozess
Doch auch wenn FODMAPs für Beschwerden sorgen können, müssen – und sollten! – betroffene Personen nicht komplett und langfristig auf diese verzichten. Vielmehr geht es darum, den Darm zunächst durch eine weitgehende Elimination zu „beruhigen“. Hat sich die Verdauung und der Bauch entspannt, sollte Schritt für Schritt die individuelle Verträglichkeit ausgelotet werden. Das geschieht über drei Phasen:
Phase 1 Eliminationsphase
- Dauer: 6–8 Wochen
- vollständiger Verzicht auf alle FODMAP-haltigen Lebensmittel
- Ziel: kurzfristige Linderung der Symptome; Basis für den Kostaufbau
Phase 2: Toleranzfindung
- schrittweise Einführung kleiner Mengen FODMAP-haltiger Lebensmittel
- Beobachten der individuellen Verträglichkeit
- Ziel: individuelle Anpassung der Ernährung
Phase 3: Langzeiternährung
- Einführung gut verträglicher FODMAP-haltiger Lebensmittel
- Gesamt-FODMAP-Gehalt der Ernährung unterhalb der individuellen Toleranzschwelle halten
- Integration in den Alltag, individuellen Bedürfnisse berücksichtigen; geeigneter Alternativen finden
- Ziel: gesunde und ausgewogene Ernährung, die den Nährstoffbedarf deckt und gleichzeitig die Symptome des Reizdarmsyndroms minimiert
FODMAPs in der veganen Ernährung
FODMAPs sind in vielen pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Somit fallen einige Lebensmittel, die wichtiger Bestandteil der veganen Ernährung sind, in der Eliminationsphase der FODMAP-Diät weg. Tabelle 1 zeigt einige Lebensmittel, die FODMAP-reich sind und solche, die wenige FODMAPs enthalten und somit eine Alternative sein können.
Tabelle 1: Beispielübersicht* zu Lebensmitteln mit hohem FODMAP-Gehalt und geeigneten Alternativen als Orientierung für eine FODMAP-arme Diät (in Anlehnung an Hauner, 2018).
FODMAP-reiche Lebensmittel | FODMAP-arme Lebensmittel | |
Gemüse | Artischocken, Aubergine, Avocado, Blumenkohl, Brokkoli, Chicorée, Erbsen, Fenchel, Hülsenfrüchte, Knoblauch, Kohl, Lauch, Pilze, Spargel, Topinambur, Zuckerschoten, Zwiebeln | Bambussprossen, Blattsalat, Chinakohl, grüne Bohnen, Gurke, Karotte, Kartoffeln, Knollensellerie, Kürbis, Mangold, Pastinaken, Radicchio, Radieschen, Spinat, Tomaten, Zucchini, Kräuter, Ingwer |
Obst | Äpfel, Aprikosen, Birnen, Brombeeren, Kaki, Kirsche, Litschi, Mango, Nektarine, Pfirsich, Pflaume, Wassermelone, Trockenfrüchte | Banane, Beeren, Clementine, Grapefruit, Honigmelone, Kiwi, Mandarine, Orange, Passionsfrucht, Papaya, Weintrauben, Zitrone, Limette |
Milchprodukte und
Milchalternativen |
Milch, Buttermilch, Joghurt, Sahne, Sauerrahm, Kondensmilch, Eis, Frischkäse von Kühen, Ziegen und Schafen | Laktosefreie Milch und Milchprodukte, Hart-, Schnitt- und Weichkäse, Butter, Reis-, Hafer-, Kokos-, Dinkeldrink/-joghurt |
Getreide und
Getreideprodukte |
Weizen, Roggen, Couscous | glutenfreie Produkte, Mais, Hafer |
Hülsenfrüchte und -produkte | Linsen, Bohnen, Erbsen, Lupinen | Tofu, Reisprotein, Mais |
Getränke | Fruchtsäfte, Likör, lieblicher Wein, Bier, Sekt | Wasser, Tee, trockener Wein |
weitere Lebensmittel | Cashewnüsse, Pistazien Agavensirup, Fruchtzucker, Honig, Zuckeraustauschstoffe: Mannit, Sorbit, Xylit, Lactit, Maltit, Isomalt, Erythrit | Sesam, Ahornsirup, Zuckerrübensirup, Reissirup, Süßstoffe |
*Exemplarische Darstellung – die Übersicht/Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. |
Wichtig zu bedenken ist, dass außerhalb der Eliminationsphase nicht komplett auf die Lebensmittel in der linken Spalte der Tabelle verzichtet werden muss und sollte. Zumindest in kleinen Mengen sind sie in der Regel verträglich. Die meisten FODMAP-reichen Lebensmittel enthalten viele als gesundheitsförderlich bekannte Substanzen, wie Vitamine, Mineralstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Eine vegane FODMAP-arme Ernährung gesund zu gestalten, kann also herausfordernd sein (Layer et al., 2021). Aus diesem Grund und den damit verbundenen Einschränkungen sowie potenziellen Risiken sollte sie nur in Betracht gezogen werden, wenn konkrete Beschwerden vorliegen, die dadurch gelindert werden. Außerdem muss sie individuell angepasst und nur so streng wie nötig sein (Schilling, 2018).
Hilfe bei Reizdarm und Co.
Eine FODMAP-arme Diät hat sich bei Vorliegen eines Reizdarmsyndroms in Studien als effektiv erwiesen. Besonders hilfreich ist sie bei den Subtypen, die durch Schmerzen, Blähungen und Durchfall gekennzeichnet sind (Pfeiffer, 2021).
Auch bei Personen mit Kohlenhydratintoleranzen (Laktoseintoleranz, Fruktosemalabsorption, Sorbitunverträglichkeit) könnte eine FODMAP-arme Ernährung die Beschwerden lindern, wenn sonst keine Besserung durch die Reduktion der jeweiligen betroffenen Kohlenhydrate erfolgt (Benardout et al., 2022).
Gesundheitliche Bedenken
Da weniger ernährungsphysiologisch wertvolle Lebensmitteln aufgenommen werden und wegen der positiven Wirkungen der FODMAPs auf die Darmgesundheit, werden gegenüber dieser Ernährungsform Bedenken geäußert. So empfiehlt die DGAKI (Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie) die Diät auch bei Reizdarmpatienten nicht. Der Grund dafür ist, dass die Low-FODMAP-Diät aufgrund des Mangels an präbiotischen Lebensmitteln negative Auswirkungen auf das Mikrobiom haben kann: So wurde beobachtet, dass eine Low-FODMAP-Diät mit einer verringerten Diversität und einer verminderten Häufigkeit von Bifidobakterien und Actinobakterien assoziiert ist (Heinrich, 2021; Layer et al., 2021; Poschwatta-Rupp, 2022).
Bei veganer FODMAP-armer Ernährung zu beachten
Wie bereits deutlich wurde, ist es wichtig, eine zu starke Einschränkung der Ernährung und eine mögliche Mangelernährung zu vermeiden. Weiterhin gilt es Folgendes zu beachten:
- Eine FODMAP-arme vegane Ernährung sollte nur durchgeführt werden, wenn dadurch Besserung zu erwarten ist, beispielsweise bei diagnostiziertem Reizdarmsyndrom und wenn andere Maßnahmen nicht geholfen haben.
- Die FODMAP-freie Ernährung (Karenz) sollte nur für kurze Zeit durchgeführt werden.
- Möglichst viele unterschiedliche nährstoffreiche FODMAP-arme Lebensmittel sollten integriert werden.
- Ausgeschlossen werden sollten nur die Lebensmittel, welche sicher nicht vertragen werden, um nicht unnötig zu verzichten.
- Lebensmittel in den verträglichen Mengen zu integrieren, ist wichtig.
- Die Nährstoffversorgung sollte durch ein Ernährungstagebuch, Blutwerte und andere Gesundheitsparameter kontrolliert werden.
- Die vegane Ernährung kann durch nährstoffschonende, absorptionsfördernde Zubereitungsmethoden und Kombinationen optimiert werden, wobei besonders die potenziell kritischen Nährstoffe bei veganer Ernährung Beachtung finden sollten.
- Bei Bedarf können Nahrungsergänzungsmittel die Nährstoffversorgung unterstützen.
Eine vegane Ernährung und FODMAP-Diät unter einen Hut zu bringen, kann eine Herausforderung sein. Besonders zu Beginn stellt sich die Frage, welche Lebensmittel überhaupt noch in den Einkaufskorb dürfen und wie sich alle notwendigen Nährstoffe in ausreichender Menge aufnehmen lassen. Doch mit dem richtigen Know-how kann Ernährung so gelingen, dass sie sowohl nährstoffreich ist als auch die Beschwerden reduziert.
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